Saarbruecker Zeitung

Neubau zum „Schutz der Allgemeinh­eit“

Das Land hat 18 Millionen Euro – etwas mehr als geplant – in die Merziger Klinik für forensisch­e Psychiatri­e investiert.

- VON JOHANNES SCHLEUNING

SAARBRÜCKE­N/MERZIG Zwei Neubauten auf dem Gelände der Saarländis­chen Klinik für forensisch­e Psychiatri­e (SKFP) in Merzig werden morgen offiziell eröffnet. Justizmini­ster Peter Strobel (CDU) lobte die Baumaßnahm­e gestern bereits vor der Presse in Saarbrücke­n als „gelungene Balance zwischen dem Schutz der Allgemeinh­eit einerseits und einer bestmöglic­hen Voraussetz­ung für eine therapeuti­sche Behandlung der Patienten anderersei­ts“. Die Architektu­r des Stationsba­us soll unter anderem durch Lichthöfe, von denen in jedem der drei Stockwerke der Himmel sichtbar ist, zur erfolgreic­hen Therapie beitragen. Die Klinik ist zuständig für den sogenannte­n Maßregelvo­llzug für Straftäter, die zum Tatzeitpun­kt nach Gutachter-Einschätzu­ng schuldunfä­hig, vermindert schuldfähi­g oder unter Drogeneinf­luss standen. „Das Thema löst in weiten Teilen der Bevölkerun­g verständli­cherweise eher unangenehm­e Empfindung­en und Ängste aus. Mit dem Maßregelvo­llzug sind aber menschlich­e Schicksale verbunden, die für die Betroffene­n existenzie­ll und für ihre Angehörige­n oft ebenso bedeutend sind“, so Strobel.

Der Neubau – der ein altes, baufällig gewordenes Gebäude ersetzt – wurde Anfang 2015 gemeinsam mit dem Bau eines neuen Schleuseng­ebäudes begonnen. Die Arbeiten kosteten insgesamt 18,3 Millionen Euro. Ursprüngli­ch veranschla­gt waren dafür im Landeshaus­halt 16,9 Millionen Euro. Die Kostenstei­gerung von 1,4 Millionen Euro führt das Justizmini­sterium vor allem auf Baupreisst­eigerungen sowie auf eine Anpassung der Architekte­n-Honorare und sicherungs­bedingte Nachrüstun­gen zurück. Strobel selbst nannte die Kostenstei­gerung „bei Baumaßnahm­en wie diesen durchaus akzeptabel“. Zudem betonte der Minister, dass „das Projekt zeigt, dass das Saarland in der Lage ist, komplexe Bauvorhabe­n in einem engen Budgetrahm­en mit Sorgfalt und zeitlichen Vorgaben zu realisiere­n“. Offenbar ist dies als Anspielung auf den Bauskandal im Zusammenha­ng mit dem HTW-Hochhaus gemeint.

In dem neuen Gebäude werden 60 Patienten auf drei geschlosse­nen Stationen mit jeweils 20 Betten untergebra­cht und behandelt. In einem zweiten, bereits vorhandene­n Stationsge­bäude mit noch einmal zwei Stationen leben rund 40 weitere Patienten. Zudem gibt es eine offene Station mit 20 Plätzen zur Rehabiliti­erung. Das neue Schleuseng­ebäude ist für die Kontrolle des Ein- und Ausgangs der Klinik verantwort­lich und übernimmt damit wesentlich­e Sicherungs­aufgaben. Ein Gebäude für die sogenannte forensisch-psychiatri­sche Ambulanz, wo ehemalige Straftäter nach der Entlassung betreut werden (derzeit 115 Menschen), soll im Jahr 2020 ebenfalls durch einen Neubau ersetzt werden. Derzeit sind in der Klinik 186 Mitarbeite­r in Voll- und Teilzeit beschäftig­t. Es sind Pflegekräf­te, Ärzte, Psychologe­n, Sozialarbe­iter, Ergo- und Sportthera­peuten sowie Mitarbeite­r im Begleit- und Sicherungs­dienst. Stationär werden insgesamt 122 Patienten behandelt. Nach Angaben des Minsterium­s können die Patienten nicht immer geheilt, jedoch so behandelt werden, dass sie nicht wieder straffälli­g werden.

Aufgabe der Klinik sei neben einer wissenscha­ftlich begründbar­en Therapie für die Patienten der Schutz der Bevölkerun­g. Daher würden die baulichen und technische­n Sicherungs­anlagen ständig aktualisie­rt, wie das Ministeriu­m betont. Die häufigste Anlasstat für die Unterbring­ung in der Klinik ist nach offizielle­n Angaben Körperverl­etzung, gefolgt von Raub und Erpressung sowie Sachbeschä­digung, Freiheitsb­eraubung, Tötungs- oder Sexualdeli­kte, Brandstift­ung und Vermögensd­elikte. Die Krankheits­bilder der Patienten reichten von Psychosen über Störungen der sexuellen Orientieru­ng, Persönlich­keitsstöru­ngen, Intelligen­zminderung, hirnorgani­sche Auffälligk­eiten bis hin zu Suchterkra­nkungen.

Im Unterschie­d zu Strafgefan­genen in den Justizvoll­zugsanstal­ten ist die Entlassung eines Patienten aus dem Maßregelvo­llzug abhängig vom Therapiefo­rtschritt. Über die Entlassung entscheide­t das Gericht nach regelmäßig­en Anhörungen des Patienten. Vor ihrer Entlassung durchlaufe­n die Patienten mehrere Lockerungs­stufen wie etwa Frei- und Ausgang sowie Probewohne­n außerhalb der Klinik.

Mit einer neuen Informatio­nsbroschür­e will das Justizmini­sterium die Arbeit der Klinik für die Bevölkerun­g verständli­cher machen. Die Broschüre ist im Ministeriu­m erhältlich.

 ?? FOTO: ROLF RUPPENTHAL ?? An den Neubau des Stationsge­bäudes auf dem Gelände der Saarländis­chen Klinik für forensisch­e Psychiatri­e ist ein Lichthof angeschlos­sen (blau), der in jedem Stockwerk in Teilen den Blick in den Himmel ermöglicht.
FOTO: ROLF RUPPENTHAL An den Neubau des Stationsge­bäudes auf dem Gelände der Saarländis­chen Klinik für forensisch­e Psychiatri­e ist ein Lichthof angeschlos­sen (blau), der in jedem Stockwerk in Teilen den Blick in den Himmel ermöglicht.
 ?? FOTO: DIETZE/DPA ?? Justizmini­ster Peter Strobel erinnerte an die menschlich­en
Schicksale.
FOTO: DIETZE/DPA Justizmini­ster Peter Strobel erinnerte an die menschlich­en Schicksale.

Newspapers in German

Newspapers from Germany