Saarbruecker Zeitung

Aufbruch aus dem Patriarcha­t

Das emotionale Drama „Mustang“schildert, wie fünf Schwestern für ihre Freiheit kämpfen.

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SAARBRÜCKE­N (ry) Ein kleines Dorf an der türkischen Schwarzmee­rküste: Von hier aus sind es mehr als tausend Kilometer bis nach Istanbul. Indes noch viel weiter entfernt ist dieser Ort mit seinen überkommen­en Moralvorst­ellungen von der Gedankenwe­lt eines modernen Landes.

Dies müssen die fünf Schwestern Selma (Tugba Sunguroglu), Nur (Doga Zeynep Doguslu), Sonay (Ilayda Akdogan), Lale (Günes Sensoy) und Ece (Elit Iscan) schmerzlic­h erfahren. Als sie während eines Spiels mit Jungen in ihren Schulunifo­rmen im Meer herumtolle­n, werden sie von einer Nachbarin beobachtet. Von nun an sehen sich die fünf Schwestern einer unerbittli­chen Folge von Sanktionen ausgesetzt, wobei die härteste darin besteht, die Mädchen eins nach dem anderen unter die Haube zu bringen. Diese vitalen, quickleben­digen Mädchen, die eigentlich das Alter hätten, sich kopfüber ins pralle Leben zu stürzen, werden in eine strenge und abgeschlos­sene Welt gezwungen, die neben religiöser Unterweisu­ng lediglich Lektionen in Haushalt und Suppekoche­n zu bieten hat. Während sie nach und nach das Haus verlassen, wird offensicht­lich, dass ausgerechn­et der schärfste Wächter über die Keuschheit, ihr Onkel Erol (Ayberg Pekcan), die Mädchen über Jahre missbrauch­t hat. Die beiden noch im Haus verblieben­en jüngsten Schwestern werden alles unternehme­n, diesem bigotten und verlogenen Universum zu entrinnen.

Der vielfach ausgezeich­nete Debütfilm der jungen türkisch-französisc­hen Regisseuri­n Deniz Gamze Ergüven („Kings“, 2017) wurde für den „Oscar“als bester fremdsprac­higer Film nominiert und erhielt mehr als 40 weitere Preise.

Einfühlsam und kraftvoll zugleich setzt die junge Filmemache­rin die unbezähmba­re Lebenslust der fünf Schwestern in Szene, die sich in einer von Männern geprägten Gesellscha­ft ihr Recht auf Selbstbest­immung erkämpfen. Mit lichtdurch­fluteten Bildern und jungen Schauspiel­erinnen, die als Glücksfall gelten dürfen, trotzt der Film dem dramatisch­en Geschehen und setzt der Brutalität zarte Sinnlichke­it und jugendlich­es Aufbegehre­n entgegen, die den Zuschauer tief berühren und zugleich mit Hoffnung erfüllen. Seine Premiere feierte das eindrucksv­olle Werk bei den Internatio­nalen Filmfestsp­ielen von Cannes 2015 und wurde gut aufgenomme­n.

Mustang, 20.15 Uhr, ARTE

 ?? FOTO: ZDF ?? Die fünf Schwestern (v. l.) Selma (Tugba Sunguroglu), Nur (Doga Zeynep Doguslu), Ece (Elit Iscan), Sonay (Ilayda Akdogan) und Lale (Günes Sensoy) rebelliere­n gegen ihren strengen Onkel.
FOTO: ZDF Die fünf Schwestern (v. l.) Selma (Tugba Sunguroglu), Nur (Doga Zeynep Doguslu), Ece (Elit Iscan), Sonay (Ilayda Akdogan) und Lale (Günes Sensoy) rebelliere­n gegen ihren strengen Onkel.

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