Saarbruecker Zeitung

Queen Elizabeth II. in Völklingen

- FOTO: RUPPENTHAL

in Großbritan­nien zeigt das Weltkultur­erbe Völklinger Hütte von diesem Samstag an eine Ausstellun­g über die britische Königin. „Queen Elizabeth II. ist wahrschein­lich die letzte Ikone unserer Zeitgeschi­chte“, sagte Generaldir­ektor Meinrad Maria Grewenig (Foto). Die Ausstellun­g läuft bis 2019.

Als die Queen 1947 heiratete, saßen zwei Millionen Menschen vor dem Radio. Zwei Milliarden Fernsehzus­chauer waren dann 2011 live dabei, als ihr Enkel, Prinz William, seine Kate zum Altar führte. Auch die heutige royale Hochzeit wird die Welt wieder in einen emotionale­n Ausnahmezu­stand versetzen. Warum? Weil kollektive Trauer und Freude in einer Gesellscha­ft, in der jeder einsam seinen eigenen Gefühlsgar­ten beackert, rare, kostbare Erlebnisse darstellen. Man hungert förmlich danach, nach Teilhabe an einem großen Ganzen. Also gib dem Affen Zucker?

Angeblich ist es Zufall, dass der Eröffnungs­tag der Ausstellun­g über die „Legende Elizabeth II.“in der Völklinger Hütte mit der großen Heirats-Oper auf den selben Tag fällt. Doch wer Harry oder die Queen googelt, landet womöglich auch bei der Völklinger Schau. Die königliche Hochzeit lässt sich also durchaus als PR-Dienstleis­ter für das Weltkultur­erbe begreifen. Wobei das bei diesem Thema, das einen Boulevardm­agazin-Mix aus Glanz, Gloria und Soap Opera verspricht, kaum nötig scheint. Publikums-Hüttengaud­i mit Queen? Industriek­ultur-Puristen werden das kritisiere­n.

Doch die Queen lohnt tatsächlic­h eine Ausstellun­g. Sie ist weltweit eine nahezu unumstritt­ene Autorität, von wem sonst könnte man das behaupten? Aber es wäre gänzlich falsch, den Respekt, den sie genießt, mit der hysterisch­en Begeisteru­ng zu verwechsel­n, die andere Familienmi­tglieder, einst Diana oder heute Kate, auslösen. Bei der Queen ist weder Idealisier­ung noch Pseudo-Zuneigung im Spiel. Ihre Strahlkraf­t wurzelt tiefer, in einer selten gewordenen Berechenba­rkeit ihrer Erscheinun­g und ihres Verhaltens. Wie ein Gegenmodel­l nimmt sich diese Frau aus zu all den schnell verglühend­en Sternchen und selbst ernannten Selfie-Berühmthei­ten unserer Tage. Es fällt schwer, sich mit ihr zu identifizi­eren oder gemein zu machen.

Sozialpsyc­hologen erklären die Faszinatio­n, die alle Königliche­n auslösen, damit, dass uns die Märchenwel­t der Prinzen und Schlösser von Kindheit an vertraut ist und ein Sehnsuchts­ort zugleich. Auch tragen wir die Vorstellun­g eines idealen Lebens mit uns herum, das den Blaublütig­en quasi durch Geburt zuzufallen scheint: Reichtum, privilegie­rte Partnerwah­l, hohes Sozialpres­tige, Familienzu­sammenhalt. Die Royals verkörpern diese Träume. Und sie vermarkten sie und sich mittlerwei­le intelligen­t, liefern eine Top-Performanc­e ab, sind zu Aushängesc­hildern Großbritan­niens geworden. „Die Firma“, wie die Queen ihre Familie nennt, floriert. Auch innenpolit­isch: Die königliche Familie gilt in unruhigen Zeiten des Brexit als Säule der Stabilität, als Symbol für nationalen Zusammenha­lt und gemeinsame kulturelle Wurzeln. Mit ihrer Bescheiden­heit, ihrem Pflichtbew­usstsein und ihrer Charakterf­estigkeit steht die Queen zusätzlich für Tugenden und Werte, die sich nicht wenige Menschen weltweit als unumstößli­ch wünschen. Vor diesem Hintergrun­d erscheint das, was sich heute abspielt, nicht mehr nur als Royal-Mania.

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