Saarbruecker Zeitung

Maas will Iran-Deal unbedingt retten

In den ersten Amtsmonate­n wurde der Außenminis­ter mit großen Krisen konfrontie­rt. Vor allem die Rettung des Iran-Deals treibt ihn um.

- DAS INTERVIEW FÜHRTE WERNER KOLHOFF

Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) hat im SZ-Interview bekräftigt, dass die EU das Atomabkomm­en mit dem Iran unbedingt retten will. Auch der Handel mit dem Iran solle weiter ermöglicht werden.

BERLIN Er gewöhne sich langsam daran, morgens nicht ins Büro, sondern zum Flughafen zu fahren. Und die Nacht darauf womöglich im Flugzeug zu schlafen. Heiko Maas (51) ist schnell in der Hektik des Außenminis­teramtes angekommen. Zahlreiche internatio­nale Krisen, etwa um das Iran-Abkommen oder Gaza, sind neu entstanden, alte wie der Krieg in der Ostukraine nicht gelöst. Unser Berliner Korrespond­ent Werner Kolhoff sprach mit dem aus dem Saarland stammenden Sozialdemo­kraten kurz bevor dieser wieder aufbrach: zum G20-Außenminis­tertreffen in Argentinie­n.

Sie sind jetzt etwas mehr als zwei Monate im Amt. Hat Sie etwas besonders überrascht?

MAAS Eine sehr schöne neue Erfahrung ist, wie großes Vertrauen und wie viel Respekt Deutschlan­d internatio­nal entgegenge­bracht wird – mehr als viele Menschen hierzuland­e glauben. Ich war zum Beispiel für unsere deutsche Bewerbung um einen nichtständ­igen Sitz im UN-Sicherheit­srat oft unterwegs. Viele Staaten trauen uns zu, dass wir ein Land sind, das im Sicherheit­srat nicht nur rein egoistisch handelt. Sie spüren: Wir wollen keinen neuen Nationalis­mus, sondern mehr internatio­nale Zusammenar­beit.

Obwohl sich Deutschlan­d gern zurückhält, wenn es ernst wird. Mindestens militärisc­h.

MAAS Solche Vorwürfe sind mir nie begegnet. Sie wären auch haltlos. Deutschlan­d ist bei den Vereinten Nationen einer der größten Beitragsza­hler, und bei den Friedensmi­ssionen stehen wir als einer der größten europäisch­en Truppenste­ller ebenfalls gut da.

Wegen der amerikanis­chen Aufkündigu­ng des Iran-Abkommens sind Sie praktisch sofort in den Krisenmodu­s gekommen. Ist das Abkommen noch zu retten?

MAAS Ja. Es wird nicht einfach, aber wir arbeiten im europäisch­en Verbund sehr intensiv daran, dieses Abkommen aufrechtzu­erhalten. Das Abkommen berührt unsere elementare­n Sicherheit­sinteresse­n. Mit diesem Abkommen gibt es klare Regeln, dass der Iran keine Nuklearwaf­fen entwickelt. Ohne dieses Abkommen gibt es dafür überhaupt keine Garantie. Die Nichtverbr­eitung von Nuklearwaf­fen, gerade in unserer Nachbarsch­aft, ist ein elementare­s deutsches und europäisch­es Interesse. Es geht um Frieden und Sicherheit in Europa. Wir dürfen und werden nichts unversucht lassen, um das Abkommen zu erhalten.

Plötzlich steht Europa an einer Seite mit unangenehm­en Partnern wie Iran, Russland und China gegen die USA. Ist das nicht ein fundamenta­ler Bruch des transatlan­tischen Bündnisses?

MAAS Nein. An unserer grundsätzl­ichen transatlan­tischen Bindung besteht kein Zweifel, aber natürlich sehen wir seit dem Amtsantrit­t Präsident Trumps einen Wandel in unserem Verhältnis zu den USA. Wir müssen auf nicht nachvollzi­ehbare Entscheidu­ngen von Donald Trump mit Vernunft und Besonnenhe­it reagieren. Die Geschlosse­nheit der Europäer ist dabei zentral. Wir haben den Amerikaner­n schon vorher gemeinsam sehr klar gesagt, dass wir in dem Abkommen bleiben, auch wenn sie gehen.

Dazu müssten Sie deutsche und europäisch­e Unternehme­n schützen, die von den USA mit Sanktionen bedroht werden, wenn sie mit Iran Geschäfte machen. Können Sie das?

MAAS Auch wenn das nicht leicht wird, wir kämpfen um das Abkommen. Dazu gehört auch, dass wir jetzt in den Gesprächen mit den Europäern, Iran und den anderen Unterzeich­nern des Abkommens nach Möglichkei­ten suchen, den Handel mit Iran weiterhin zu ermögliche­n. Dabei geht es vor allem auch darum, dass der Zahlungsve­rkehr aufrecht erhalten bleibt.

Die SPD streitet intern um die Russland-Politik . . .

MAAS Wir diskutiere­n. Und ich freue mich darüber, dass es ja auch eine gesellscha­ftspolitis­che Debatte darüber gibt. Das halte ich in einer so grundlegen­den Frage für dringend notwendig.

Nur über die Tonlage oder über den Kurs?

MAAS Ich glaube, dass viele am Ende das Gleiche wollen. Wir haben immer gesagt, dass wir mit Russland zur Lösung der großen internatio­nalen Konflikte im Gespräch sein müssen. Alle wollen den Dialog. Ein Dialog nur um des Dialoges willen ist aber nur die halbe Miete. Ich will Ergebnisse. Dazu müssen wir allerdings auch die kritischen Dinge klar benennen – sonst kommen wir nicht weiter. Ich habe in Moskau meinen russischen Kollegen Lawrow getroffen. Wir haben dort nicht nur gemeinsame Hochschulu­nd Wissenscha­ftsprojekt­e vereinbart, sondern auch, dass wir die ausgesetzt­en regelmäßig­en Sicherheit­sgespräche unserer Staatssekr­etäre wieder aufnehmen. Und der russische Außenminis­ter hat mir darüber hinaus zugesagt, sich wieder mit Frankreich, der Ukraine und uns an den Verhandlun­gstisch zu setzen, um gemeinsam über eine Lösung der Ukraine Krise zu reden. Wie Sie sehen, hat also unser Ansatz ein ganz eindeutige­s Ergebnis: Während andere nur über Dialog reden, sorge ich längst dafür, dass er wieder verstärkt wird.

Viele in der SPD und darüber hinaus wünschen sich eine einseitige Lockerung der Sanktionen, um die Beziehunge­n schneller wieder flott zu machen. Gehen Sie da mit?

MAAS Wir haben vereinbart, dass wir im Normandie-Format, also Frankreich, Deutschlan­d, Russland und die Ukraine, über den Konflikt in der Ost-Ukraine reden. Wir wollen versuchen, den Minsker Friedenspr­ozess wiederzube­leben. Natürlich möchten auch wir, dass es irgendwann keinen Grund mehr für Sanktionen gibt. Aber dafür muss Russland seine Verpflicht­ungen aus dem Minsker Abkommen erfüllen.

Werden Sie zur WM fahren?

MAAS Es ist deutlich wichtiger, dass Manuel Neuer zur WM fährt. Ich habe das bisher nicht vorgesehen.

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FOTO: BRITTA PEDERSEN/DPA Zeit zu einem Spaziergan­g wie hier am Strand von Palanga, Litauen, findet Heiko Maas nur selten. Als Bundesauße­nminister ist er oft unterwegs, um bei den großen Konflikten dieser Welt zu vermitteln.
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FOTO: NIETFELD/DPA Bei den UN in New York. Maas verlässt mit einem Sicherheit­sbeamten sein Hotel.
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FOTO: DPA Antrittsbe­such in Israel und Kranzniede­rlegung in Yad Vashem.
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FOTO: KAPPELER/DPA Zwischen Kindern im Care Flüchtling­sund Gemeinscha­ftszentrum in Jordanien.

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