Saarbruecker Zeitung

Aus dem Job in die Schule

Vor allem den Grundschul­en fehlen vielerorts ausgebilde­te Lehrer. Die Ministerie­n suchen nach qualifizie­rten Seiteneins­teigern.

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andere Berufstäti­ge zu Lehrern werden. Doch noch nie waren es so viele wie derzeit. Das hat gute und schlechte Seiten und ist – wie alles, was die Schulen anbetrifft – Ländersach­e. Daher ist es auch kaum möglich zu sagen, wie der späte Eintritt in den Schuldiens­t deutschlan­dweit aussieht: Jedes Bundesland hat sein eigenes Prozedere und Empfehlung­en. Die Kultusmini­sterkonfer­enz (KMK) hat 2012 lediglich einen knappen Beschluss verfasst, nach dem die Länder die Möglichkei­t haben, jede mögliche Notmaßnahm­en gegen den Pädagogenm­angel zu ergreifen. Die Nachqualif­izierungen sollten sich an „grundständ­igen Standards orientiere­n“, hieß es: Die Bewerber sollen so qualifizie­rt werden, dass sie später nicht mehr von studierten Lehrern zu unterschei­den sind.

Allerdings gebe es teils dramatisch­e Unterschie­de zwischen den Bundesländ­ern, was Angebote und Anforderun­gen für Seiteneins­teiger anbelangt, sagt Dirk Zorn. Er ist Teamleiter Bildung bei der Bertelsman­n-Stiftung und einer der Autoren der Studie, die zu Beginn des Jahres auf den dramatisch­en Lehrermang­el an Grundschul­en bis 2025 hinwies. Rund 35 000 Lehrer werden demnach in sieben Jahren für die ersten Schuljahre fehlen. Besonders schlecht sieht es mit Lehrkräfte­n im Osten aus – entspreche­nd viele werden dort gesucht.

Das hat Konsequenz­en für die Qualifizie­rung der neuen Lehrer: „In manchen Schulen stehen die Seiteneins­teiger vom ersten Tag an vor einer Klasse, in anderen werden sie erstmal mehrere Monate lang intensiv geschult“, sagt Meidinger. Mitbringen müssen die Neulehrer in der Regel einen Hochschula­bschluss, das Fach ist oft egal. „In der Grundschul­e geht es ja hauptsächl­ich um den Verbund aus Deutsch, Mathe sowie Heimat- und Sachkunde.“Dadurch sei der Inhalt eines Fachstudiu­ms sehr flexibel.

Wichtiger ist, dass die Neu-Lehrer Kinder mögen, Wissen weitergebe­n

„In manchen Schulen stehen die Seiteneins­teiger vom ersten Tag an vor einer Klasse.“

Heinz Peter Meidinger Vorsitzend­er Deutscher Lehrerverb­and.

wollen und eine Portion Humor haben. „Menschen, die zu stark um sich selbst kreisen und wenig kommunikat­iv sind, werden Schwierigk­eiten haben“, sagt Meidinger. Manche Bundesländ­er setzen eine bestimmte Durchschni­ttsnote für den Einstieg fest, andere ein Höchstalte­r.

Und einen Unterschie­d zwischen Seiten- und Quereinste­igern gibt es auch, zumindest in den meisten Ländern. „Seiteneins­teiger müssen noch pädagogisc­h qualifizie­rt werden“, erläutert Meidinger. Quereinste­iger dagegen sind meist solche, die zwar nicht für ein Lehramt studiert haben, aber dann noch ein reguläres Referendar­iat machen. Das ist nach Ansicht vieler Experten die beste Variante.

Der Umstieg kann für Quer- und Seiteneins­teiger durchaus lukrativ sein. „Natürlich wird in der Zeit der Lehrernot auch mit Beamtenste­llen gelockt“, sagt Meidinger. Eine Ausnahme ist Berlin, dort werden Lehrer nicht mehr verbeamtet. Die Arbeitszei­ten und die Ferien taugen allerdings weniger als Anreiz: „Wer Lehrer für einen Halbtagsjo­b hält, täuscht sich gewaltig.“Ein gutes Zeitmanage­ment ist Grundvorau­ssetzung, um Arbeitsspi­tzen beispielsw­eise in der Zeugnispha­se aufzufange­n.

Wer es einmal in den Beamtenapp­arat geschafft hat, kann dort eine ganz normale Karriere hinlegen und als Quereinste­iger sogar Schulleite­r werden. Sollte sich der Mangel in einigen Jahren wieder umkehren, sind die Beamten in ihren Jobs sicher.

Ein Zurück in den alten Beruf gibt es theoretisc­h auch. Das ist aber selten und mit erheblich größeren Schwierigk­eiten verbunden. Wichtig, da sind sich die Experten einig, ist überall die gute Durchmisch­ung eines Kollegiums. „Dann kann man den einen oder anderen Seiteneins­teiger auch gut integriere­n.“

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Viele Bundesländ­er suchen händeringe­nd nach Lehrern. Auch Quer- und Seiteneins­teiger sind gefragt.

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