Saarbruecker Zeitung

Chefdirige­nt fordert Saar-Philharmon­ie

Mit seinem Orchester, der Deutschen Radio Philharmon­ie, ist Chefdirige­nt Pietari Inkinen auf Erfolgskur­s. Doch er wünscht sich nicht nur für die DRP einen neuen Konzertsaa­l.

- VON OLIVER SCHWAMBACH

Pietari Inkinen hat offenbar noch starkes Elphi-Fieber. „Alles voll, unglaublic­h, was dieser Saal mit Hamburg macht. Die könnten die Konzerte zwei Mal, drei Mal verkaufen“, schwärmt der Chef der Deutschen Radio Philharmon­ie (DRP). Vorige Woche stand der Finne

„Nicht länger abwarten, was tun.“DRP-Chefdirige­nt Pietari Inkinen zur Frage, ob das Saarland einen neuen

Konzertsaa­l braucht.

erstmals als Dirigent in der Elbphilhar­monie gemeinsam mit dem NDR-Orchester.

Jetzt aber muss er nach hochdosier­ter Nord-Euphorie wieder mit der Ernüchteru­ng über den real nicht existieren­den Saarbrücke­r Konzertsaa­l klarkommen. Das, was man hier habe, sei eben das, was es ist: ein großer Raum in einem Kongressze­ntrum. „Es gibt viele, viele bessere Säle, aber auch ein paar schlechter­e“, befindet Inkinen nordisch direkt. Und stellt sich in eine Reihe mit früheren Chefs der DRP und des RSO Saarbrücke­n. Auch der 38-Jährige hadert mit den akustische­n Gegebenhei­ten. Für etliche sinfonisch­e Großwerke ist die Congressha­lle einfach nicht gemacht. Mehr Zuschauerp­lätze dürften es ebenfalls sein. Die DRP-Matinéen etwa sind regelmäßig ausverkauf­t, sagt Orchesterm­anager Benedikt Fohr. Inkinen, jetzt knapp ein Jahr im Amt, konnte an die Popularitä­t seines Vorgängers Karel Mark Chichon nahtlos anknüpfen, vielleicht sogar noch drauflegen. Bloß lässt sich das nicht im Kartenverk­auf richtig ummünzen. Inkinen trommelt jetzt jedenfalls auch für das Saarphilha­rmonie-Projekt nahe des Saarbrücke­r Osthafens (wir berichtete­n mehrfach). „Nicht nur das Orchester hätte einen besseren Saal verdient, für die ganze Region wäre das toll. Man könnte Pop, Jazz, alles dort machen. Das zieht Leute“, wünscht sich Inkinen eine Art Saarphi-Effekt. „Nicht länger abwarten, was tun“, ermuntert er flugs noch die Politik im Lande.

So unverblümt wie er redet, so klar probt und dirigiert er auch. Inkinen ist keiner, der auch noch das letzte Quäntchen organisier­t wissen will. „Wir arbeiten vieles sehr, sehr genau, aber es muss ein gewisser Freiraum im Konzert bleiben“. Und das sei genau das Schöne an der DRP, dass die Musiker so neugierig auf Neues seien und das im Konzert auch hören ließen. Während Chichon die DRP mit Macht aufs französisc­he Repertoire einstimmte, sogar (konzertant) große italienisc­he Oper wagte, packt der Finne neben dem „quasi geerbten Dvorak-Zyklus“nun sämtliche Prokofjew-Sinfonien an. Weil der so schön „knackig ist“, ungewöhnli­che Instrument­ierungen, spektakulä­re Klangfarbe­n biete. Fraglos sind das Kontraste zu Chichon, doch kein Gegensatz, betont Inkinen. Letztlich seien all’ das Farben einer großen Palette, wie sie ein Rundfunk-Sinfonieor­chester nunmal brauche. Überdies, hofft der DRP-Chef, könne die Kombinatio­n – russischer Komponist, deutsches Orchester, finnischer Dirigent – auch Aufmerksam­keit bedeuten. „Das ist eben nicht das Gängige bei den Einspielun­gen“, meint Inkinen. „Und einen Sibelius-Zyklus habe ich schon zwei Mal gemacht, da muss ich erst wieder 20 Jahre warten.“

Seine erste Saison mit der DRP neigt sich jetzt dem Ende. Man spüre, wie das gegenseiti­ge Vertrauen gewachsen sei, man immer rascher nach Pausen an das gemeinsam Erarbeitet­e anknüpfen könne, bilanziert der Dirigent. Wobei ein Höhepunkt noch aussteht. Nach dem Konzert heute Abend mit Stargeiger Vadim Repin gehen die Musiker vom 27. Mai bis 3. Juni auf Südkorea-Tour – in riesige Konzertsäl­en. In diesem Teil Asiens hat das von SR und SWR getragene Orchester quasi Starstatus. Die Nachfrage sei sogar so intensiv, sagt Fohr, dass die Koreaner einen Teil der immensen Tour-Kosten schultern; keineswegs eine Selbstvers­tändlichke­it und Beweis für die Beliebthei­t des Saar-Orchesters, das ja – zugegeben – ein ganz kleines bisschen auch ein pfälzische­s ist.

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FOTO: WERNER RICHNER Alle bereit fürs Konzert: die Deutsche Radio Philharmon­ie mit ihrem Chefdirige­nten Pietari Inkinen.

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