Saarbruecker Zeitung

Jogi Löw hat die Qual der Wahl

Bundestrai­ner Joachim Löw muss noch Spieler aus seinem Aufgebot streichen. Die Wackelkand­idaten sind bekannt.

- VON OLIVER MUCHA

(sid) Sprints, intensive Spielforme­n, weniger Pausen: Joachim Löw hat die Zügel im Trainingsl­ager der Fußball-Nationalma­nnschaft in Eppan deutlich angezogen. Eine Woche vor der Nominierun­g des endgültige­n WM-Kaders verschärft sich vor der imposanten Bergkuliss­e Südtirols der Konkurrenz­kampf. Bei der Lotterie „4 aus 27“will niemand die Nieten ziehen.

Die Spieler müssen dabei einen Spagat vollziehen. „Ja, es ist ein Wettkampf. Zugleich müssen wir schauen, dass wir als Team zusammenko­mmen. Jeder muss sich beweisen, sich zeigen. Aber der Zweck ist vor allem, dass wir fit werden und als Einheit näher zusammenrü­cken“, sagte Sebastian Rudy.

Der Münchner weiß ebenso wie Julian Brandt, wie schmerzvol­l ein geplatzter Turnier-Traum in letzter Minute sein kann. Löw sortierte beide Spieler vor der EM 2016 in Frankreich aus. Rudy und Brandt zählen nun wieder zu den Wackelkand­idaten. Zumindest der Leverkusen­er geht aber locker mit der Situation um. Sollte er es nicht in den endgültige­n 23er-Kader schaffen, „dann wäre das keine Schande“, sagte der 22-Jährige: „Wir haben so viele gute Spieler. Ich weiß, wie schwer es ist, sich bei uns durchzuset­zen.“

Die hohe Qualität und Leistungsd­ichte macht die Entscheidu­ng für Löw schwer. „Ich habe keinem Spieler gesagt, dass er auf Bewährung da ist. Ich wollte auch keinen verunsiche­rn. Alle müssen Gas geben“, erklärte der Bundestrai­ner, der zwei Tage nach dem Länderspie­l in Klagenfurt gegen Österreich am kommenden Samstag (18 Uhr/ZDF) beim Weltverban­d Fifa seinen endgültige­n Kader benennen muss.

Sollte Kapitän Manuel Neuer tatsächlic­h fit werden und als Nummer eins nach Russland fahren, muss Löw sich zwischen Kevin Trapp und Bernd Leno entscheide­n. Jonathan Tah dürfte durch das Raster fallen, wenn Jérôme Boateng nach seiner Muskelverl­etzung im Adduktoren­bereich zur Verfügung steht. Ein weiterer Streichkan­didat ist neben Rudy und Brandt Überraschu­ngsgast Nils Petersen. „Die Trainingsq­ualität ist eine andere. Ich muss jeden Tag an die Grenze gehen“, sagte der Freiburger ohne Länderspie­l.

Dies gilt aber auch für seine Mitstreite­r. „Ich kann garantiere­n, dass ich alles dafür tun werde, diesmal dabei zu sein“, sagte Brandt, während Rudy die WM seit längerer Zeit fest im Visier hat: „Ich habe versucht, mich in diesen zwei Jahren in eine Verfassung zu bringen, die es dem Bundestrai­ner noch schwerer machen soll, mich nicht zu berücksich­tigen.“

Das Schicksal der Confed-Cup-Sieger Rudy und Brandt kennen auch andere Spieler des DFB-Teams. Marc-André ter Stegen und Julian Draxler erwischte es vor der EM 2012, Leon Goretzka wurde vor der WM 2014 aussortier­t. Pechvogel Marco Reus spielte aufgrund zahlreiche­r Verletzung­en die Europameis­terschaft vor sechs Jahren als einziges großes Turnier.

Die Stimmung innerhalb der Mannschaft ist trotz der bevorstehe­nden kniffligen Personalfr­agen gut. Thomas Müller trieb im Training gestern wie gewohnt seine Scherze, bevor am Abend noch ein interner Test gegen die U20-Auswahl des DFB anstand. „Das Verhalten der Spieler ist einmalig. Natürlich sind wir in einer Leistungsg­esellschaf­t, aber alle Spieler geben richtig Gas und halten zusammen. Das wird die Entscheidu­ng am Schluss nicht einfacher machen“, sagte Löws Assistent Marcus Sorg.

Sorgen um seine Nominierun­g muss sich Weltmeiste­r Toni Kroos nicht machen. Nach dem Champions-League-Hattrick mit Real Madrid stößt er am Samstag zum Team. In Österreich wird er nicht zum Einsatz kommen. Bei Löws WM-Lotterie muss der Mittelfeld­stratege ohnehin nicht in die Trommel greifen.

„Ich habe keinem Spieler gesagt, dass er auf Bewährung da ist.“

Bundestrai­ner Joachim Löw

zur Kaderreduz­ierung

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 ?? FOTO: CHARISIUS/DPA ?? Bundestrai­ner Joachim Löw (rechts) erklärt seinen Spielern im Training in Eppan, was er von ihnen in der nächsten Übungsform erwartet.
FOTO: CHARISIUS/DPA Bundestrai­ner Joachim Löw (rechts) erklärt seinen Spielern im Training in Eppan, was er von ihnen in der nächsten Übungsform erwartet.

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