Saarbruecker Zeitung

Seehofer plant 1300 neue Stellen in Asylbehörd­e

Der Minister verspricht vor dem Innenaussc­huss mehr Personal für die Asylbehörd­e.

- VON HAGEN STRAUSS

Im Skandal um das Bamf hat Innenminis­ter Horst Seehofer vor dem Innenaussc­huss des Bundestags volle Transparen­z zugesagt. Zudem will er in der Behörde 1300 neue Stellen schaffen.

Seine Mundwinkel hängen herunter, ein ums andere Mal schaut Horst Seehofer sehr ernst ins Rund des Saales 2300, in dem die 46 Abgeordnet­en des Innenaussc­husses auf die Erklärunge­n des Innenminis­ters warten. Sie bekommen sie in mehrstündi­ger Sitzung. Der CSUChef hat sich gut vorbereite­t.

Neben ihm hat sein Staatssekr­etär Stephan Mayer Platz genommen, ebenfalls CSU, der früher als sein Ressortche­f von den vielen Ungereimth­eiten in der Bremer Außenstell­e des Bundesamte­s für Migration und Flüchtling­e (Bamf ) erfahren hat. Noch einen Stuhl weiter sitzt Jutta Cordt. Die Bamf-Chefin wirkt gefasst und überlegt, ihre Stellungna­hme dauert rund eine Stunde. Der 54-Jährigen wird vorgeworfe­n, nicht energisch genug die Aufklärung um zu Unrecht bewilligte Asylanträg­e voranzutre­iben und Mängel immer noch nicht abgestellt zu haben. Wird Cordt demnächst gefeuert? Auszuschie­ßen sei das nicht, heißt es am Rande der Sitzung, weil keiner genau wisse, wie sich die Dinge weiterentw­ickelten. „Es bleiben Fragen offen“, so der Grüne Konstatin von Notz.

Im Bamf, wettert SPD-Experte Burkhard Lischka, habe es eine „Mischung aus Schlampere­i und Gleichgült­igkeit“gegeben. Obwohl schon seit 2014 Hinweise auf erhebliche Fehler in der Bremer Außenstell­e vorgelegen hätten. Nur gehandelt wurde offenbar nicht. Im April dieses Jahres wurde dann bekannt, dass zwischen 2013 und 2016 mindestens 1200 Asylanträg­e ohne rechtliche Grundlage bewilligt worden sein sollen. Auch in anderen Außenstell­en soll es Merkwürdig­keiten geben.

In der Sondersitz­ung sichert Seehofer erneut volle Transparen­z zu. Er unterfütte­rt das mit Zahlen: Demnach könnten 4500 getroffene Asylentsch­eidungen in Bremen wieder rückgängig gemacht werden. Alle Außenstell­en mit auffällige­n Abweichung­en werden nun überprüft. Davon betroffen sind zehn Bamf-Dependance­n. Das geht aus einem Papier des Innenminis­teriums auf Fragen der Grünen hervor, das der SZ vorliegt. Außerdem sollen in ganz Deutschlan­d noch einmal stichprobe­nartig zehn Prozent aller Bescheide kontrollie­rt werden.

Intensiv wurde offenbar in den letzten Tagen geprüft, ob unter den in Bremen bewilligte­n Asylanträg­en auch „Gefährder“waren. Das soll nicht der Fall sein. In einem vertraulic­hen Bericht des Innenminis­teriums wurden zudem 18 000 Bremer Fälle aus den letzten Jahren analysiert, die weitere Prüfung werden nun 70 Mitarbeite­r in den nächsten drei Monaten leisten. Ergebnis der ersten Analyse: Vielfach gab es kein Vier-Augen-Prinzip, auch keine erkennungs­dienstlich­e Überprüfun­g der Asylsuchen­den. Besonders auffallend: Die frühere Amtsleiter­in in Bremen, gegen die staatsanwa­ltlich ermittelt wird, soll persönlich Geldanweis­ungen an Anwälte getätigt haben, insgesamt angeblich 8,5 Millionen Euro in zehn Jahren an 2800 Anwälte. Die Zahlungen werden nun von Wirtschaft­sprüfern kontrollie­rt. Die Abgeordnet­en erfahren auch, dass seitens des Bamf im letzten Jahr viele Dolmetsche­r ausgetausc­ht wurden, weil sie offenbar falsch übersetzt oder gelogen hatten, was die Herkunft von Asylsuchen­den angeht. Rund 2000 sollen es laut dem Grünen-Papier gewesen sein.

Aus Seehofers Sicht ist der Vertrauens­verlust bei der Bevölkerun­g immens. Dem will er nun entgegenwi­rken durch massive Veränderun­gen in der Organisati­on des Bamf. Auch soll es rund 1300 neue Stellen geben. Seehofer soll darüber bereits mit Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) gesprochen haben. Vertrauen schaffen soll auch, dass der Bundesrech­nungshof als unabhängig­e Instanz nun alles überprüft – unter anderem auch, ob die Fachaufsic­ht versagt hat. Das wäre dann das Bundesinne­nministeri­um.

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FOTO: SCHWARZ/AFP Innenminis­ter Horst Seehofer vor dem Innenaussc­huss des Bundestags. Dort musste er am Dienstag zum Bamf-Skandal aussagen.

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