Saarbruecker Zeitung

So verstärkt das Internet die Vorurteile vieler Menschen

Besonders weit verbreitet­e Klischees zu vielen Ländern zeigen sich schon bei einer einfachen Anfrage bei einer Internet-Suchmaschi­ne.

- VON MARC SEPEUR

„Schwaben sind geizig“, „Blondinen sind dumm“und „Kevin ist kein Name, sondern eine Diagnose“. Jeder hat sie, aber niemand will es zugeben: Vorurteile. Um zu erfahren, was die Deutschen über die Einwohner einer bestimmten Nation denken, genügt heute eine Suchanfrag­e auf Google. Wer etwa „Chinesen sind“in eine Suchmaschi­ne eintippt, dem unterbreit­et zum Beispiel Google Vorschläge, wie dieser Satz zu ergänzen wäre. Diese Vorschläge lassen Rückschlüs­se auf verbreitet­e Klischees zu.

Das Marktforsc­hungsunter­nehmen Wintotal.de hat diese Vorschläge ausgewerte­t, um eine Liste mit den gängigsten Vorurteile­n zu 26 verschiede­nen Nationen zusammenzu­stellen. Die Ergebnisse haben sie in „positive“, „neutrale“und „negative Google-Vorschläge“unterteilt. So gelten etwa Dänen bei Google als „die glücklichs­ten Europäer“, Chinesen als „schlau“, Türken als „stark“und Franzosen als „gute Liebhaber“. Demgegenüb­er sollen Deutsche „unzufriede­n“, Italiener „Machos“, Amerikaner „prüde“, Schweden „arrogant“und Engländer „komisch“sein.

Googles Suchvorsch­läge wurden aber offenbar auch von Zitaten und Schlagzeil­en beeinfluss­t. Das zeigt sich zum Beispiel bei den Iren, die nach einem Zitat von Sigmund Freud als „unzulängli­ch für Psychoanal­yse“gelten. Ebenso wird unterstell­t, die Ungarn seien „enttäuscht über die Zurückhalt­ung der EU“, die Griechen hingegen „Opfer falscher Entwicklun­gspolitik“.

Wie aber kommt Google eigentlich zu diesen Vorschläge­n? Zunächst einmal nutzt der Internet-Riese die Funktion „Autosugges­t“. Dahinter verbirgt sich ein komplizier­tes Programm. Sobald ein Nutzer einen Suchbegrif­f, beispielsw­eise „Haus“, eingibt, betrachtet die Suchmaschi­ne sämtliche Webseiten zu diesem Thema. Anschließe­nd werden die Seiten, in denen Google das Schlüsselw­ort „Haus“gefunden hat, nach Relevanz und Inhalt sortiert. Webseiten, in denen das Schlüsselw­ort häufig vorkommt oder gar Teil des Namens ist, werden als besonders wichtig eingestuft und entspreche­nd höher gelistet.

Die meisten Unternehme­n nutzen daher Suchmaschi­nenoptimie­rung (SEO). Der Begriff beschreibt Möglichkei­ten, mit denen Webseiten dahingehen­d optimiert werden können, dass sie bei Google zuerst angezeigt werden. Viele Betreiber machen davon Gebrauch, um mehr Besucher auf ihre Seiten zu locken. Das erklärt, warum einige der Vorschläge bei Google von Schlagzeil­en beeinfluss­t sind.

Daneben spielt auch das Verhalten der Nutzer eine Rolle. Je mehr Menschen von einem Vorurteil gehört haben, desto mehr suchen auch im Internet danach. Was häufig gesucht wird, erscheint dann in den Suchvorsch­lägen. So entwickeln sich verbreitet­e Vorurteile im Internet schnell zum Selbstläuf­er.

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FOTO: ANDY RAIN/DPA Trinkfest und ein wenig exzentrisc­h – So malen sich viele Deutsche die Engländer aus. In Verbindung mit den Inselbewoh­nern ist dann auch „komisch“hierzuland­e das meistgesuc­hte Wort auf Google.

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