Freiwillig hinter Gittern
Die Arbeit als Justizvollzugsbeamter verlangt Distanz und Verständnis zugleich. Anwärter berichten aus der Praxis.
gegenüber den Gefangenen“, sagt Gerber. „Wir machen uns selbst ein Bild von der Persönlichkeit und entscheiden dann, wie wir mit wem umzugehen haben. Dabei spielt das
Vanessa Gerber Delikt eigentlich keine Rolle“, sagt Gronostaj. Es gebe nicht „den klassischen Straftäter“, dessen Verbrechen automatisch sein Verhalten gegenüber den Bediensteten und anderen Gefangenen bestimmt. Es gebe aber Unterschiede zwischen Jugendlichen und Erwachsenen. „Die Jungen sind oft aufmüpfiger. Sie wollen provozieren und die Grenzen austesten.“Außerdem fällt Gronostaj auf, dass die Häftlinge bei gewissen Problemen eher auf weibliche Kollegen statt auf ihn zukommen. „Ich denke, sie wollen vor ihrem eigenen Geschlecht keine Schwäche zeigen.“Gerber merkt hingegen, dass die Gefangenen ihr gegenüber höflicher sind, „vielleicht, weil sie sich von einer besseren Seite zeigen wollen“. Und das, „obwohl Frauen oft härter durchgreifen“, entgegnet Gronostaj.
Auch die Anzahl der Gefangenen mit psychischen Problemen nimmt zu. Das bestätigt Alexander Jochum, Sozialamtmann des Justizministeriums. Dieser Umstand fordere von den Vollzugsbeamten nicht nur Fingerspitzengefühl, sondern auch fundierte Kenntnisse. Darauf habe das Ministerium im Fächerkanon der Ausbildung reagiert. Kriminologie, Psychologie, Soziologie und Pädagogik sind fester Bestandteil des Unterrichts an der Justizvollzugsschule in Wittlich. Insgesamt dauert die Ausbildung, die in Praxis- und Theorieblöcke aufgeteilt ist, zwei Jahre.
Francois Gronostaj
Wie bei vielen Anwärtern, ist es auch für Gerber und Gronostaj die zweite Ausbildung. Nach zwölf Jahren als Speditionskauffrau im Büro wollte die 30-jährige Gerber „endlich mit Menschen zusammenarbeiten“und ist durch ihren Bekanntenkreis 2015 zur Justiz gekommen. Gronostaj ist gelernter Gas- und Wasserinstallateur und war bis 2016 zwölf Jahre bei der Bundeswehr. Eine Karriere als Berufssoldat kam für ihn aber nicht in Frage, wohl aber ein „gesicherter Arbeitsplatz im Beamtenverhältnis“. Jochum sieht bei Anwärtern, die Berufs- und eine gewisse Lebenserfahrung mitbringen, einen kleinen Vorteil gegenüber Berufseinsteigern: „Der Einstieg ist etwas leichter. Sie haben vielleicht eine bessere Menschenkenntnis und sind etwas abgrenzungsfähiger. Vor allem gegenüber Häftlingen, die versuchen, einen zu beeinflussen.“Bevor die Ausbildung beginnt, werden die Bewerber zunächst befristet angestellt. „Eine gegenseitige Erprobung sozusagen, um herauszufinden, ob dieser Beruf das Richtige für einen ist“, sagt Jochum. Gerber und Gronostaj werden dieses Jahr den Abschluss machen und dann ein Leben lang hinter Gittern verbringen. Eine Entscheidung, die sie nicht bereuen.
„Wir haben eine Fürsorgepflicht gegenüber den Gefangenen.“
Anwärterin im Allgemeinen Vollzugsdienst
„Die Jungen sind oft
aufmüpfiger. Sie wollen provozieren und die Grenzen austesten.“
Anwärter im Allgemeinen Vollzugsdienst