Saarbruecker Zeitung

Ausstellun­g zeigt Anfänge der Zahnmedizi­n

In London erinnert eine Ausstellun­g schonungsl­os an die Anfänge der Zahnmedizi­n. Albträume sind inbegriffe­n.

- Produktion dieser Seite: Thomas Schäfer, Peter Seringhaus, Volker Meyer zu Tittingdor­f

Gesunde Zähne und ein perfektes Lächeln – heute möglich, lange unvorstell­bar. Eine Ausstellun­g in London erinnert an die Anfänge der Zahnheilku­nde und blickt auf drei Jahrhunder­te Kulturgesc­hichte rund um den Zahn zurück.

die Zahnheilku­nde zu entwickeln. „Die Menschen realisiert­en, dass es einen Markt dafür gibt – nicht nur, damit sie sich wohler fühlten, sondern auch, um besser auszusehen“, sagt James Peto, einer der Kuratoren der Ausstellun­g. Statt verfaulter Zähne konnte man nun mit offenem Munde lachen und hatte einen frischen Atem – „die Menschen wurden selbstsich­erer“. Pierre Fauchard, ein ehemaliger Schiffsarz­t bei der Marine, gilt als erster Zahnchirur­g und veröffentl­ichte 1728 zum ersten Mal eine wissenscha­ftliche Abhandlung, die ebenfalls in der Ausstellun­g präsentier­t wird – neben historisch­en und modernen Zahnarztst­ühlen, alten Instrument­en zum Zähneziehe­n oder Zahnbürste­n wie etwa der silberverg­oldeten von Napoleon.

Mit sich weiterentw­ickelnden Technologi­en im 19. und 20. Jahrhunder­t wurde Mundhygien­e auf dem Kontinent wie auch auf der Insel immer bedeutende­r. Das Bewusstsei­n setzte ein, dass Gesundheit und Aussehen Hand in Hand gehen. Werbeplaka­te aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunder­ts für Zahnpasta und Poster mit Appellen, regelmäßig Zähne zu putzen, veranschau­lichen das. Gleichwohl war der Besuch beim Dentisten lange den Reichen vorbehalte­n, wie die Schädel zweier Frauen im Vergleich zeigen. Einer stammt von einer wohlhabend­en Dame, gestorben 1837, die bei ihrem Tod unter anderem eine teure Brücke im Mund trug. Der andere von einer Engländeri­n, sie lebte bis 1849, die mangels finanziell­er Ressourcen niemals einen Mediziner sah: Ihre faulen verblieben­en Zähne sind bedeckt mit verhärtete­m Belag. „Bis heute herrscht eine Ungleichhe­it beim Zugang zur medizinisc­hen Versorgung, und es ist wichtig, das zu thematisie­ren“, sagt James Peto.

Während bereits der deutsche Besucher am Hof von Königin Elizabeth I. anmerkte, dass viele Engländer an einem „Defekt“zu leiden scheinen, sind die Briten diesen Ruf nie losgeworde­n. „Wir sind berühmt für unsere schlechten Zähne“, gibt Kurator James Peto zu. Das sei teilweise auf den Kontrast zwischen den Engländern und den US-Amerikaner­n zurückzufü­hren, die im Königreich gerne für ihre zu weißen Zähne und ihr perfektes Hollywood-Lächeln entweder bewundert oder verspottet werden. „Komödien und Karikature­n haben das dann noch überhöht.“Hinzu komme, dass „die Briten sich einfach ein bisschen weniger um die Erscheinun­g ihrer Zähne kümmern, manchmal auch wegen ihres Stolzes auf ein charakterv­olleres Lächeln“, erklärt Peto – und natürlich, er lächelt.

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FOTOS (3): GRAY/IMAGO Künstliche Gebisse, bei denen Münder offen bleiben, Zähne mit Karries und jede Menge schmerzver­sprechende Praxisunte­nsilien aus drei Jahrhunder­ten Zahnheilku­nde zeigt die Londoner „Wellcome Collection“derzeit.
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