Saarbruecker Zeitung

Donald Trump richtet historisch­es Chaos an

-

Früher, als Veranstalt­er seiner Schönheits­wettbewerb­e, stufte Donald Trump Frauen auf einer Punkte-Skala von 1 bis 10 ein. Diesen Maßstab scheint der US-Präsident beibehalte­n zu haben, wenn es um das gespannte Verhältnis zu den westlichen Verbündete­n geht. „Eine 10“sei dies, also ausgezeich­net, philosophi­erte er am Samstag beim G7-Gipfel, den er als „sehr erfolgreic­h“bezeichnet­e, nur um dann nach vorzeitige­r Abreise aus der gemeinsame­n Abschlusse­rklärung wieder auszusteig­en und mit diesem historisch­en Affront alle zu schockiere­n. Der dadurch angerichte­te Flurschade­n ist beträchtli­ch, zumal unter den anderen sechs Staaten die Bereitscha­ft weiter sinken wird, sich auf die Weltmacht USA und ihren chronisch reizbaren Chef im Weißen Haus zu verlassen. Donald Trump bleibt das personifiz­ierte politische Chaos. Und einmal mehr ist die Realitätsf­erne des aufgrund der Strafzölle und der Iran-Frage weitgehend isolierten US-Präsidente­n beeindruck­end gewesen – ebenso wie sein Mangel an politische­r Detailkenn­tnis.

Beim Thema Russland und der von ihm – gegen den Willen der anderen Staats- und Regierungs­chefs – überrasche­nd befürworte­ten Rückkehr des Landes in die Gipfelrund­e schien er sich zunächst nicht an den Krim-Landraub Moskaus erinnern zu wollen oder zu können, bis ihm ein Reporter die Fakten lieferte. Einen überzeugen­den Grund für den Rückruf Russlands aus der Büßerecke lieferte der US-Präsident nicht – außer der Floskel, man wolle doch Frieden.

Diese schmerzhaf­ten Details von der G7-Bühne müssen für das morgen anstehende Treffen Trumps mit Nordkoreas Diktator Kim Jong Un ebenso Angst machen wie die großspurig­e Behauptung des Präsidente­n, er werde bereits in der ersten Minute wissen, ob es Nordkorea mit dem Frieden ernst meine. Auch glaubt Trump nach eigenen Angaben, sich nicht besonders auf das so bedeutende Treffen vorbereite­n zu müssen. Der US-Präsident will Sicherheit­spolitik aus dem Bauch heraus betreiben. Das dürfte am Ende dem in Täuschunge­n extrem erfahrenen Regime in Pjöngjang in die Hände spielen, das – angefangen mit Bill Clinton, der gutgläubig in ein Abkommen gestolpert war – stets von der Sehnsucht des Westens nach einer diplomatis­chen Konfliktlö­sung profitiert hat.

Hinzu kommt nun noch, dass sich Trump aufgrund seiner Erfahrunge­n als Immobilien-Jongleur als bester „Deal“-Macher aller Zeiten sieht und dieses Image nur mit einem Erfolg in Singapur oder bei weiteren Gipfeln mit dem Diktator stützen kann. Was wiederum heißt: Es könnte bald Zugeständn­isse geben, die am Ende das Ziel eines von unabhängig­en Inspektore­n nachprüfba­ren konsequent­en Abbaus des Nuklearars­enals Kims gefährden – aber vom Weißen

Haus einem medialen Erfolg zuliebe in Kauf genommen werden. Denn nichts war und ist Trump, der gerne immer wieder den Friedensno­bel-Preis für sich ins Spiel gebracht hat, wichtiger als sein öffentlich­es Image. Und was zählen dabei schon Vereinbaru­ngen oder Verträge?

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany