Saarbruecker Zeitung

Wenn das Smartphone heimlich mithört

In jüngerer Zeit verwenden immer mehr Unternehme­n Ultraschal­l-Tracking. Mit dieser Technologi­e können Handys unbemerkt verfolgt werden. Österreich­ische Wissenscha­ftler haben eine App entwickelt, die das verhindern soll.

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empfangen werden (Infokasten). Die Technologi­e wird beispielsw­eise in Einkaufsze­ntren genutzt. Ladenbesit­zer könnten so problemlos alle Bewegungen von Kunden in einem Geschäft metergenau aufzeichne­n, sagt Miriam Ruhenstrot­h vom Fachportal mobilsiche­r.de. Wer etwa länger vor einem Paar Schuhen stehenblei­be, könne dann künftig im Browser oder sogar per Post Werbung für Schuhe erhalten. „Nutzer haben absolut keine Möglichkei­t, das herauszufi­nden, da die Tracking-Geräte nur passiv Suchanfrag­en der Smartphone­s aufzeichne­n“, erläutert Ben Stock vom Cispa-Helmholtz Centrum in Saarbrücke­n.

Mit Audiotrack­ing ließe sich aber noch mehr aufzeichne­n, sagt Matthias Zeppelzaue­r vom Institut für Medien und Digitale Technologi­en der Fachhochsc­hule St. Pölten. Die Apps könnten beispielsw­eise erkennen, wie lange sich ein Verbrauche­r bestimmte Fernsehwer­bungen anschaue oder wohin er in der Mittagspau­se essen gehe.

Die akustische­n Signale könnten beispielsw­eise heimlich über Werbespots verschickt werden, sagt Zeppelzaue­r. Wenn die App ein passendes Signal auffange, speichere sie die Informatio­nen in Form eines „akustische­n Cookies“. Auf Basis dieser Informatio­nen würden Profile angelegt, in denen die persönlich­en Vorlieben der Nutzer zusammenge­fasst seien. Diese Daten könnten dann wiederum an Dritte verkauft werden, die sie zur individuel­len Werbung nutzten, so der Wissenscha­ftler.

„Es gibt derzeit keine Technologi­e am Markt, die akustische Cookies erkennen und blockieren kann“, erklärt Zeppelzaue­r. Daher haben er und sein Team die App entwickelt. Als erste Anwendung weltweit erkenne sie Ultraschal­lsignale, mache den Nutzer darauf aufmerksam und könne sie auf Wunsch auch blockieren, so der Forscher. Dazu würden Störsignal­e über die Lautsprech­er des eigenen Mobilgerät­s gesendet, die den Datenausta­usch verhindert­en.

Grundsätzl­ich illegal ist Ultraschal­l-Tracking nicht. Laut Christoph Sorge, Professor für Rechtsinfo­rmatik an der Universitä­t des Saarlandes, ist die Aufzeichnu­ng der Nutzerdate­n nur strafbar, wenn sie „einzelnen Personen zugeordnet werden kann“. Im Bundesdate­nschutzges­etz sei geregelt, dass dazu eine ausdrückli­che Erlaubnis der jeweiligen Nutzer vorliegen muss. Ansonsten brauche es einen triftigen Grund, um persönlich­en Daten zu speichern. Im Einkaufsze­ntrum könne das zum Beispiel die Wahrung des Hausrechts sein, erklärt Sorge,

Um auch in Zukunft sichere Kommunikat­ion zu gewährleis­ten, bedürfe es vor allem mehr Transparen­z der Hersteller, fordert Matthias Zeppelzaue­r. Für Unternehme­n wie Google ist die Funktion aber offenbar mehr Segen als Fluch. Mit der „Nearby“genannten Technologi­e sollen Google-Kunden problemlos mit anderen Geräten in ihrer Nähe interagier­en können. Laut Aussage des Konzerns kann so beispielsw­eise in Restaurant­s über das Smartphone bestellt oder im Büro geräteüber­greifend zusammenge­arbeitet werden.

Die kostenlose App Sonicontro­l ist im Google Play Store erhältlich. Eine iOS-Version ist noch nicht verfügbar. play.google.com/store/apps/ details?id=at.ac.fhstp. sonicontro­l

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FOTO: MONIQUE WÜSTENHAGE­N Den meisten Menschen ist nicht bewusst, dass über das Handy unbemerkt Bewegungsm­uster aufgezeich­net werden können. Mit diesen Daten können detaillier­te Persönlich­keitsprofi­le erstellt werden.

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