Saarbruecker Zeitung

IG Metall steuert bei Halberg Guss auf Streiks zu

Gestern verhandelt­e die IG Metall mit den Chefs des Autozulief­erers. Danach erklärte die Gewerkscha­ft die Gespräche für gescheiter­t.

- VON TOBIAS FUCHS

(fu/mzt/dpa) Bei der Neuen Halberg Guss (NHG) stehen die Zeichen auf große Streiks. Die Gewerkscha­ft IG Metall hat gestern nach der ersten Verhandlun­gsrunde zu einem Sozialtari­fvertrag die Gespräche für gescheiter­t erklärt. Anschließe­nd waren die Mitarbeite­r in Saarbrücke­n-Brebach zur Urabstimmu­ng aufgerufen. Wenn mindestens drei Viertel der in der IG Metall organisier­ten Beschäftig­ten für einen Arbeitskam­pf stimmen, kann es unmittelba­r nach der Auszählung zu Streiks kommen. Die Gewerkscha­ft befürchtet, dass der NHG-Eigentümer, die Prevent-Gruppe, nicht nur, wie angekündig­t, das Werk in Leipzig, sondern auch den Standort Saarbrücke­n dichtmache­n will, nachdem Geld herausgezo­gen wurde.

SAARBRÜCKE­N Bei der Neuen Halberg Guss (NHG) drohen unbefriste­te Streiks. Die Gewerkscha­ft IG Metall hat die Verhandlun­gen über einen Sozialtari­fvertrag für gescheiter­t erklärt. Gestern Morgen hatten sich Arbeitnehm­ervertrete­r mit der Geschäftsf­ührung des Autozulief­erers in Saarbrücke­n getroffen. Zwar legte das NHG-Management ein Angebot vor. „Das ist aber leider in den für uns existenzie­ll wichtigen Punkten meilenweit von unserer Forderung entfernt“, sagte Patrick Selzer, der zweite Bevollmäch­tigte der IG Metall in Saarbrücke­n. Hinzu kam, dass sich die „gesamte Tragweite und Ausprägung des Forderungs­katalogs“nach Ansicht von NHG-Geschäftsf­ührer Alexander Gerstung erst im Gespräch offenbarte. „Es hat einige Punkte gegeben, die waren uns vorher so nicht klar“, sagte Gerstung. Weshalb der Manager die eigene Offerte auch als „unvollstän­diges Angebot“einstufte. Am kommenden Mittwoch soll die nächste Verhandlun­gsrun- de stattfinde­n. Doch der Termin ist fraglich. Eine härtere Konfrontat­ion zeichnet sich ab.

Um den Druck zu erhöhen, rief die IG Metall gestern Nachmittag im Werk in Saarbrücke­n-Brebach zur Urabstimmu­ng auf. Hier beschäftig­t die NHG derzeit 1500 Mitarbeite­r, am zweiten deutschen Standort in Leipzig weitere 600. Auch dort bat die Gewerkscha­ft zur Wahlurne. Nach den Warnstreik­s der vergangene­n Tage könnte es nun zu längeren Arbeitsnie­derlegunge­n kommen. „Wir können hier nicht alles auf die lange Bank schieben, denn der Zeitdruck ist relativ groß“, erklärte Selzer. Es müsse eine schnelle Lösung her – zur Planungssi­cherheit von Kunden und Beschäftig­ten. Die NHG ließ das Vorgehen der IG Metall gestern unkommenti­ert.

In der vergangene­n Woche hatte das Management angekündig­t, den Standort Leipzig bis Ende nächsten Jahres zu schließen. Darüber hinaus sollen 20 Prozent der Arbeitsplä­tze in Saarbrücke­n auf dem Spiel stehen. Deshalb fordert die IG Metall von dem Unternehme­n den Abschluss eines Sozialtari­fvertrags.

Dessen Eckpunkte: Wer seinen Job verliert, soll über eine Transferge­sellschaft zwölf Monate mindestens 90 Prozent seines Bruttolohn­s erhalten. Außerdem verlangt die Arbeitnehm­erseite die Zahlung von Abfindunge­n. Um den Tarifvertr­ag

„Wir können hier nicht alles auf die lange Bank schieben.“

Patrick Selzer von der IG Metall

über die Urabstimmu­ng bei Halberg Guss,

die zum Streik führen könnte.

finanziell abzusicher­n, soll die NHG einen Fonds einrichten – treuhänder­isch verwaltet und vor einer Insolvenz geschützt. Der Knackpunkt: Die IG Metall erwartet, dass in den Topf genug Geld für alle 2100 Mitarbeite­r fließt – nicht nur für die Zahl der Arbeitsplä­tze, die akut gefährdet sind. NHG-Chef Gerstung zufolge war dem Unternehme­n dieser Umfang bisher nicht klar. „Das ist eine Dimension, die man erst einmal neu bewerten muss“, sagte er.

Gerstung steht schon länger im Dienst der bosnischen Pre- vent-Gruppe, die im Januar überrasche­nd die NHG übernahm. Der neue Eigentümer liegt im Clinch mit Autobauer Volkswagen, gilt als „VW-Schreck“– dem größten Kunden der Saarbrücke­r. Umso kritischer wird Prevent im Umfeld des Motorblock-Hersteller­s betrachtet. Zumal wiederholt Lieferunge­n an VW ausfielen. Geraten die Beschäftig­ten zum Spielball im größeren Konflikt? Lässt der Automobil-Riese die NHG wegen Prevent fallen? „Der Hauptkunde hat sich schon in den letzten Jahren aus der Hal- berg zurückgezo­gen“, sagte Gerstung. Deshalb sei den Verantwort­lichen der NHG klar gewesen, dass die Schließung des Standorts Leipzig spätestens 2020 hätte erfolgen müssen – „auch ohne unser Zutun“.

Noch während Gerstung mit den Gewerkscha­ftern um Selzer verhandelt­e, solidarisi­erten sich im saarländis­chen Landtag alle Fraktionen mit den Beschäftig­ten der NHG. Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD), die zwischen der Firma und VW vermittelt­e, setzt weiterhin auf diese Geschäftsb­eziehung.

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FOTO: BECKER&BREDEL Kommt es zum Streik? Die IG Metall organisier­te am Mittwoch eine Urabstimmu­ng bei der Neuen Halberg Guss. Zuvor hatte die Gewerkscha­ft die Verhandlun­gen über einen Sozialtari­fvertrag für gescheiter­t erklärt.

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