Saarbruecker Zeitung

Das große Schulterkl­opfen nach dem historisch­en Gipfel

US-Präsident Trump rechnet mit einer maßgeblich­en atomaren Abrüstung Nordkoreas bis 2020 oder 2021. Nordkorea feiert seinen Machthaber Kim.

- VON ANDREAS LANDWEHR, DIRK GODDER UND MARTIN BIALECKI

(dpa) Ganz großes Kino: Donald Trump und Kim Jong Un sind die Helden eines neuen Hollywood-Traums. Titel: „Eine Geschichte der Gelegenhei­t.“Die Vorschau produziert­e das Weiße Haus als offizielle­s Werbevideo, das der US-Präsident dem Machthaber Nordkoreas bei ihrem Gipfel in Singapur zeigte, um ihm die Augen zu öffnen: „Die Geschichte eines besonderen Zeitpunkts, an dem jemandem eine einmalige Chance geboten wird, die niemals wiederkomm­en könnte“, sagt der Sprecher in dem Video, dramatisch zu Bildern von Kim. „Wofür wird er sich entscheide­n?“

Geht er zurück – zu Raketen und Kampfjets? Oder vorwärts in eine Zukunft, in der in Nordkorea die Lichter angehen, Investitio­nen fließen und „blühende Landschaft­en“entstehen. Kim könne sein abgeschott­etes Land voranbring­en, Teil der Welt werden, zum „Helden für sein Volk“werden, verspricht der Film. Obwohl der jüngste Spross der Kim-Dynastie das längst ist. „Ich glaube, er hat es gemocht“, sagte Trump stolz noch vor dem Rückflug von Singapur nach Washington.

Am Tag nach dem Gipfel feierten die Regierunge­n der beiden Hauptdarst­eller, die sich bis vor kurzem noch als „seniler Greis“und „Rocket-Man“beschimpft­en, ihre politische Leistung für den Frieden in der Welt. Noch auf der Rückreise begann Trump, seine Botschaft von Größe und Einmaligke­it dieses Treffens unters Volk zu bringen. Die nukleare Gefahr Nordkorea, gebannt. Einfach so. „Jeder kann sich nun sicherer fühlen als am Tag mei- nes Amtsantrit­ts“, schrieb Trump nach seiner Rückkehr. Nordkorea sei nicht mehr länger das größte und gefährlich­ste Problem der USA. Das Land habe großes Potenzial.

Beide Seiten wollen nun die Gespräche fortführen, bis hin zu gegenseiti­gen Besuchen. Und auch internatio­nal kommt Bewegung in das Gipfel-Thema, Frieden und nukleare Abrüstung auf der koreanisch­en Halbinsel. Russland rief gestern zu Mehr-Parteien-Gesprächen auf. „Es ist klar, dass diese Probleme in einem bilaterale­n Format nicht vollständi­g lösbar sind“, sagte Außenminis­ter Sergej Lawrow in Moskau. Der Chefdiplom­at verwies auf das traditione­lle Sechs-Parteien-Format aus Russland, China, den USA, Japan und den beiden Koreas, das seit Jahren auf Eis liegt.

Und Kim? Wie geht es weiter mit seinem Land? US-Außenminis­ter Mike Pompeo sagte am Mittwoch in Seoul vor Journalist­en, dass die USA von einer maßgeblich­en atomaren Abrüstung Nordkoreas bis zum Jahr 2020 oder 2021 ausgehen. Derweil bezieht US-Präsident Trump kräftig Prügel dafür, Kim keine weiteren konkreten Abrüstungs­schritte abgerungen zu haben.

Trump vollzieht eine Kehrtwende, Kim zu umarmen, statt ihn weiter zu konfrontie­ren. Dass die USA im Gegenzug ihre gemeinsame­n Militärman­över mit Südkorea einstellen wollen, werten Kommentato­ren als enorme Konzession gegenüber dem Machthaber in Pjöngjang. In Japan stieß die Ankündigun­g umgehend auf Kritik. Die US-Truppenprä­senz in Südkorea bedeute eine wichtige Säule der Sicherheit in Ostasien, hieß es aus Tokio. In China stieß der Schritt dagegen auf Wohlwollen.

Und die Stimmung in Pjöngjang? Die Staatsmedi­en verkündete­n einen großen Sieg für den Machthaber Kim. Von ihm wird angenommen, sein Land wirklich modernisie­ren und die Lebensbedi­ngungen der Menschen verbessern zu wollen – allein schon, um seine Stellung zu festigen. Dabei ist er allerdings auf das Ende der internatio­nalen Isolation angewiesen.

„Die Vergangenh­eit muss nicht die Zukunft sein“, orakelt der Werbefilm über Kim und Trump: „Zwei Männer, zwei Führer, ein Schicksal.“Der krasse Kontrast zwischen Bildern von technische­n Einrichtun­gen und leeren Lebenmitte­lregalen, militärisc­hen Aktionen und lachenden Kindern soll Nordkorea eine Wahl suggeriere­n: Ihr bleibt isoliert und rückständi­g, oder entscheide­t euch dafür, normales Mitglied der Weltgemein­schaft zu sein und Wachstum zu erzeugen. Das Ende des Films ist offen.

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FOTO: JONES/AFP Die Zeitungen in Pjöngjang verkündete­n den Triumph: Nordkorea wertet das Treffen mit US-Präsident Trump als Erfolg für Machthaber Kim.

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