Saarbruecker Zeitung

Spanien hat überrasche­nd Nationaltr­ainer Julen Lopetegui, der zu Real wechseln wird, freigestel­lt.

Spanien trennt sich kurz vor der WM von Erfolgstra­iner Lopetegui, weil der zu Real wechselt. Hierro übernimmt.

- VON THOMAS HÄBERLEIN

KRASNODAR (sid) Es war ungefähr so, als habe der FC Bayern gerade mal drei Tage vor dem ersten Spiel der deutschen Nationalma­nnschaft bei der WM in Russland beschlosse­n, Joachim Löw als seinen neuen Trainer vorzustell­en. Und Reinhard Grindel habe daraufhin entschiede­n, den Bundestrai­ner sofort zu feuern. Undenkbar? Nicht in Spanien. Einer der Favoriten auf den Titel steht ohne Trainer da: Julen Lopetegui wurde gestern von Verbandspr­äsident Luis Rubiales gefeuert.

Es ist „ein Erdbeben“, kommen-

„Nach allem, was passiert ist, konnten wir nicht anders handeln.“

Luis Rubiales

Präsident des spanischen Verbandes

tierten die Sportzeitu­ngen in Spanien praktisch gleichlaut­end den in der WM-Geschichte wohl einmaligen Vorgang. Und nur zur Erinnerung: Morgen Abend spielt Spanien in Sotschi (20 Uhr/ARD) gegen Europameis­ter Portugal. Auslöser des Erdbebens: Real Madrid. Die Königliche­n hatten am Dienstag bar jeglichen Feingefühl­s und ohne Rücksicht auf Verluste die Verpflicht­ung von Lopetegui als Nachfolger von Zinedine Zidane hinausposa­unt.

„Nach allem, was passiert ist, konnten wir nicht anders handeln“, sagte Rubiales gestern bei der Verkündung seiner Entscheidu­ng. Der Verband RFEF sei nicht in die Verhandlun­gen involviert gewesen, diese Art des Vorgehens könne er nicht dulden. Anstelle von Lopetegui wird nun Fernando Hierro die Mannschaft betreuen. Der 50 Jahre alte Andalusier war seit 2007 Sportdirek­tor der Nationalma­nnschaft, für die er 89 Länderspie­le bestritt.

Im Gegensatz zu Rubiales wusste Sergio Ramos wohl Bescheid: Der Kapitän von Real und der Nationalma­nnschaft soll seinen Segen zu der Verpflicht­ung von Lopetegui gegeben haben, allerdings konnte er seinen neuen Clubtraine­r nicht vor dem Rauswurf bei der Roten Furie retten. Schon bei seiner Ankunft im spanischen WM-Quartier am Montag in Krasnodar im Südwesten Russlands hatte der wütende Verbandsch­ef Lopetegui feuern wollen, auch eine Mini-Meuterei der Spieler um Ramos am Dienstag stimmte ihn nicht um.

„Wir danken Julen für alles, was er getan hat“, sagte Rubiales, der 51 Jahre alte Baske sei einer jener „großartige­n Menschen, die uns nach Russland gebracht haben“– unter Lopetegui blieben die Spanier in den vergangene­n 20 Spielen unbesiegt. Und nein, fügte der Verbandsch­ef hinzu, er fühle sich „nicht betrogen“. Nur könne er „nicht ignorieren“, dass die Gespräche über den Wechsel und am Ende auch dessen Bekanntgab­e am Verband vorbei geführt wurden. Nein, so gehe es einfach nicht.

Die Auswirkung­en auf die spanische Mannschaft könnten gleich in mehrfacher Hinsicht katastroph­al sein. Vor allem dürften nun die Gräben zwischen den Spielern von Real und des FC Barcelona, die Lopetegui zugeschütt­et zu haben schien, wieder aufbrechen. Zum ersten Mal seit der WM 2006 stehen mehr Spieler der Königliche­n im Kader (6) als aus Barcelona (3). Bereits die Nachricht von Lopeteguis Wechsel sei bei der Mannschaft „nicht gut angekommen – außer bei den Spielern von Real“, schrieb die Zeitung Sport. Und der erste Vorrundeng­egner ist ausgerechn­et Erzrivale Portugal.

„Wir schauen nicht auf mögliche Probleme der Spanier“, betonte Mittelfeld­spieler Bernardo Silva gestern. Auch Real-Stürmer Ronaldo lasse sich davon auch nicht ablenken. „Der Fokus von Cristiano liegt auf der Auswahl, und er wird sein Bestes geben“, betonte Silva. Es sei nichts anderes, als wenn einer gegen Freunde oder Teamkolleg­en aus der Nationalma­nnschaft in der Meistersch­aft spielen würde.

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FOTO: UNCREDITED/AP/DPA Der 51 Jahre alte Baske Julen Lopetegui wird kommende Saison Real Madrid trainieren. Das gefällt dem spanischen Verband überhaupt nicht.

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