Saarbruecker Zeitung

Ein Asylexpert­e aus Bayern soll das Bamf aus der Krise führen

Hans Eckhard Sommer wird neuer Chef des Bundesamts. Dort wartet viel Arbeit auf den Mann, der aus dem Münchener Innenminis­terium kommt.

- VON ANNE-BEATRICE CLASMANN UND RUPPERT MAYR

(dpa) Die Affäre wegen Unregelmäß­igkeiten bei der Asylvergab­e hat das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e in eine tiefe Vertrauens­krise gestürzt. Es war eine Frage der Zeit, bis Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) Bamf-Chefin Jutta Cordt entlässt. Ihr Nachfolger steht seit gestern fest: Auf den Juristen Hans Eckhard Sommer, zuletzt Leiter des Sachgebiet­s Ausländer- und Asylrecht im bayerische­n Innenminis­terium, wartet eine Herkulesau­fgabe: Er muss aufräumen nach dem Skandal. Einige Fakten zum Stand der Dinge beim Bamf:

Wie viel Arbeit hat das Bamf derzeit?

Die Zahl der aktuell Asylsuchen­den und der Rückstau bei der Bearbeitun­g sind deutlich zurückgega­ngen. 2017 wurden in Deutschlan­d 186 644 Asylsuchen­de registrier­t, so die jüngste Statistik des Bundesinne­nministeri­ums. 2016 waren es noch 280 000 und im Krisenjahr 2015 lag die Zahl bei rund 890 000. In diesem Jahr beantragte­n bis Ende Mai rund 78 000 Menschen Asyl, wie die „Passauer Neue Presse“schreibt. Bis Mitte Juni seien 18 349 Asylsuchen­de angekommen, die bereits in einem anderen EU-Staat registrier­t wurden. Nein. Auf dem Höhepunkt der Flüchtling­skrise lag beim Bamf ein Berg von 1,4 Millionen Anträgen. Deshalb wurde die Zahl der Entscheide­r erhöht. Nach Angaben des CDU-Abgeordnet­en Mathias Middelberg waren 2014 im Bamf 380 Entscheide­r tätig. 2016 seien es schon 2500 gewesen. Zugleich wurde der Druck erhöht, schneller zu arbeiten. Damit nahm offensicht­lich die Zahl der absichtlic­hen oder unbeabsich­tigten Fehlentsch­eidungen zu. Allein in der inzwischen bekannten Bremer Außenstell­e soll 1200 Menschen Asyl ohne die nötige Rechtsgrun­dlage gewährt worden sein. Zwar gelten bundesweit die gleichen Regeln. Dennoch hängt die Erfolgsquo­te auch davon ab, in welchem Bundesland ein Antrag gestellt wird. Die neue Leitung muss also die Verfahren vereinheit­lichen. Die Unterschie­de provoziere­n Widerspruc­h. 2017 zogen 91, 3 Prozent der abgelehnte­n Asylbewerb­er gegen die Bamf-Entscheidu­ng vor Gericht. 40,8 Prozent der Verfahren endeten zugunsten des Klägers. Durch Fehlentsch­eidungen kommen also viele Überprüfun­gen auf das Amt zu. Der eben erst abgebaute Berg von Asylfällen wird wohl wieder steigen, räumt auch Horst Seehofer ein. Er kündigte bereits an, bisher befristete Stellen von Mitarbeite­rn zu entfristen. Die neue Leitung muss also die Mannschaft völlig neu aufstellen. Zudem muss die technische Ausrüstung des Bamf verbessert werden. Seehofer will eine Vereinbaru­ng aus dem Koalitions­vertrag umsetzen und Asylbewerb­er künftig in Massenunte­rkünften mit bis zu 1500 Bewohnern unterbring­en, sogenannte­n Ankerzentr­en. Dort sollen sie bleiben, bis die zuständige­n Stellen über ihren Asylantrag entschiede­n haben. Das soll die Verfahren beschleuni­gen. Sommer muss sicherstel­len, dass in diesen Zentren die Einheiten aufgebaut werden, die dazu nötig sind.

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