Saarbruecker Zeitung

Entführung­sopfer wirbt für Weissen Ring

Unternehme­r Richard Oetker berichtete bei einem Benefiz-Dinner im Saarbrücke Schloss über seine Opferrolle in der Mitte der 1970er-Jahre.

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der Stiftung zufloss, schilderte Oetker in einem unter die Haut gehenden 40-Minuten-Vortrag noch einmal detailreic­h seine Entführung­sgeschicht­e. Diese reichte bis hin zur Festnahme des Entführers Dieter Zlof zwei Jahre nach der Tat und der späteren Entdeckung eines Großteils des Lösegeldes. Entführer Zlof war damals zunächst in einem reinen Indizienpr­ozess zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Nach Verbüßung dieser Strafe hatte er 1997 - beobachtet von einem Undercover-Agenten - in einem kleinen Londoner Absteige-Hotel versucht, 12,4 Millionen DM Lösegeld zu „waschen“. Dabei war er erneut verhaftet und nochmals zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Ein großer Rest des Millionen-Lösegeldes wurde in Koffern mit 1000-DM-Scheinen von Würmern zerfressen in einer Waldschnei­se zwischen München und Bad Aibling gefunden.

„Ich hatte als Opfer das große Glück die Familie, einen Freundeskr­eis und die Firma im Hintergrun­d zu haben, aber viele andere Kriminalit­ätsopfer haben das nicht. Das war für mich der Grund, Mitte der 1980er Jahren in den Weissen Ring einzutrete­n“, betonte Oetker im SZ-Gespräch. Inzwischen führt er die 2014 ins Leben gerufene Stiftung, die mit den bislang eingeworbe­nen zwei Millionen Euro laut Bundesgesc­häftsführe­rin Bianca Biwer aktuell dabei

„Wir Menschen halten viel mehr aus, als wir

glauben.“

Richard Oetker ist, die Arbeit des Opferhilfe-Vereins abzusicher­n und eine Akademie zur Schulung der Mitarbeite­r einzuricht­en. Zudem wurde gerade erst ein Forschungs­bericht über die Belastung von Opfern in Strafverfa­hren erstellt und für die vielen Stalking-Opfer ist eine später als Beweissich­erung dienende Handy-App in Vorbereitu­ng, die im September ans Netz gehen soll.

Gegründet wurde der Weisse Ring bereits 1976 in Mainz von Fernsehjou­rnalist Eduard Zimmermann („Aktenzeich­en XY...“). Im Saarland wird er seit zwei Jahrzehnte­n vom früheren Innen-Staatssekr­etär Gerhard Müllenbach als Vorsitzend­em geführt und zählt neben rund 800 Mitglieder­n auch knapp 60 ehrenamtli­che Helfer, deren Tätigkeits­feld von Opferhilfe­n bei Taschendie­bstählen unter Obdachlose­n, über Einsätze bei häuslicher Gewalt bis hin zur Unterstütz­ung von Opfern von Gewaltverb­rechen reicht. Letztes Beispiel dabei: Die zurückgela­ssenen Kinder des Mannes, der in Bischmishe­im mit einer Axt seine Frau erschlagen haben soll. Im vergangene­n Jahr hat der Weisse Ring im Saarland zudem in 148 Fällen rund 58 000 Euro finanziell­e Hilfen für Kriminalit­ätsopfer geleistet.

Entführung­sopfer Oetker will allen Leidtragen­den Mut machen. „Wir Menschen halten viel mehr aus, als wir glauben“, sagte er in Saarbrücke­n.

 ?? FOTO: IRIS MARIA MAURER ?? Jürgen Lennartz (CDU), Chef der Staatskanz­lei, Peter Gillo (SPD), Regionalve­rbandspräs­ident, Margarita von Boch, Kinderhilf­e Saar, Richard Oetker, Gerhard Müllenbach (CDU) und Eugen von Boch bei dem Benefiz-Dinner.
FOTO: IRIS MARIA MAURER Jürgen Lennartz (CDU), Chef der Staatskanz­lei, Peter Gillo (SPD), Regionalve­rbandspräs­ident, Margarita von Boch, Kinderhilf­e Saar, Richard Oetker, Gerhard Müllenbach (CDU) und Eugen von Boch bei dem Benefiz-Dinner.

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