Saarbruecker Zeitung

Euphorie nach Sieg gegen Schlaftabl­etten

Mexikaner in Saarbrücke­n träumen nach dem 1:0 gegen den Weltmeiste­r vom Titel. Deutsche Anhänger vermissen Hector.

- VON HEIKO LEHMANN

„Mexiko, Mexiko, Mexiko“– am gestrigen Sonntag jubelte auf dem St. Johanner Markt in Saarbrücke­n und am Staden an der Saar nur eine Nation. Und das war Mexiko. „Wir sind einfach gut. Ich glaube, dass wir ins Halbfinale kommen. Wir haben heute verdient gewonnen, das müssen die Deutschen zugeben“, sagte Ricardo, der in Mexiko geboren wurde und mit seinen Freunden Alejandro und Angel am Saarbrücke­r Staden den 1:0 (1:0)-Sieg der Mexikaner bei der Fußball-Weltmeiste­rschaft gegen Titelverte­idiger Deutschlan­d verfolgte. „Für mich war das heute keine Überraschu­ng. Ich weiß, wie gut wir sind. Trotzdem bin ich von dem deutschen Spiel etwas enttäuscht“, sagte Alejandro.

Mit mexikanisc­hen Flaggen um die Schulter und Sombreros auf dem Kopf feierten die Mexikaner, während die Deutschen bereits kurz nach dem Spiel in der kritischen Analyse waren. „Das war nix heute. Wir waren viel zu langsam. Sami Khedira war überhaupt nichts. Und Marco Reus kam viel zu spät ins Spiel. Jogi Löw hat kein gutes Händchen gehabt“, erklärte der Saarbrücke­r Marc Sauer, der mit seinen Kumpels am Staden den deutschen WM-Auftakt verfolgte.

Vanessa Schwan schaute das Spiel mit ihren Freundinne­n am St. Johanner Markt. „Zuerst Fußball, dann auf dem Altstadtfe­st feiern, das ist der Plan. Aber ich habe heute kein gutes Gefühl. Ich bin kein Fan von Timo Werner. Und Jonas Hector wird unserem Spiel mit Sicherheit fehlen“, sagte Vanessa Schwan vor dem Anpfiff. Insgesamt herrschte so etwas wie Trauer in Saarbrücke­n, dass Hector, der aus Auersmache­r kommt, nicht auflaufen konnte. „Er ist nur erkältet. Er wird noch spielen. Und er wird unserem Spiel gut tun“, sagte die vietnamesi­sche Bedienung im „Yedo“am Markt, die bei den Spielen des Weltmeiste­rs den Deutschen die Daumen drückt.

Doch alles Daumendrüc­ken half in der 35. Minute nicht. Nach einem Fehler von Khedira tanzte Hirving Lozano zwei deutsche Spieler aus und schoss den Ball humorlos zum 1:0 für Mexiko ins Tor. Direkt gingen die Köpfe der deutschen Fans nach unten. „Das war mir klar“, sagte Birgit Schwindt: „Die Mexikaner sind ja auch besser. Bei unseren Jungs hat man den Eindruck, sie haben Schlaftabl­etten genommen.“

Trotz des Rückstande­s gab es in der Halbzeit „Deutschlan­d, Deutschlan­d“-Rufe auf dem St. Johanner Markt. Und am Staden starteten knapp 300 Fans eine La-Ola-Welle. Doch am Ende half alle Anfeuerung nichts. Die deutsche Nationalma­nnschaft verpatzte zum ersten Mal seit dem 1:2 gegen Algerien bei der WM 1982 in Spanien ein Auftaktspi­el – und muss nun um das Weiterkomm­en bangen. „Ach was, wir schaffen das

„Bei unseren Jungs hat man den Eindruck, sie haben Schlaftabl­etten

genommen.“

Birgit Schwindt

schon. Die haben jetzt alle gemerkt, dass man im Schongang hier nicht weiter kommt. Im nächsten Spiel sind wir viel besser“, prophezeit­e Marc Sauer.

Den Mexikanern war das alles egal. Sie feierten den ersten Sieg ihrer Mannschaft bei einer WM gegen Deutschlan­d und träumten vom ganz großen Erfolg ihrer Nationalma­nnschaft in Russland. „Wir sind im vergangene­n Jahr beim Confed-Cup erst im Halbfinale gescheiter­t und haben dort schon gezeigt, wie gut wir sind. Unsere Mannschaft ist gut in Form und wir werden uns noch steigern. Mit uns wird zu rechnen sein, wenn am Ende der Titel vergeben wird“, sagte Angel, bevor er am Staden von einer mexikanisc­hen Fahne überdeckt wurde – und die Party des Weltmeiste­r-Besiegers weiter ging.

 ?? FOTO: LEHMANN ?? Am Saarbrücke­r Staden gab es beim Schlusspfi­ff für die mexikanisc­hen Fans kein Halten mehr: Alejandro (mit Hut) und seine Freunde jubelten ausgelasse­n über den 1:0-Sieg gegen Weltmeiste­r Deutschlan­d.
FOTO: LEHMANN Am Saarbrücke­r Staden gab es beim Schlusspfi­ff für die mexikanisc­hen Fans kein Halten mehr: Alejandro (mit Hut) und seine Freunde jubelten ausgelasse­n über den 1:0-Sieg gegen Weltmeiste­r Deutschlan­d.
 ?? FOTO: LEHMANN ?? Mehrere hundert Zuschauer verfolgten am Staden das Auftaktspi­el des Weltmeiste­rs. Die meisten von ihnen waren danach maßlos enttäuscht.
FOTO: LEHMANN Mehrere hundert Zuschauer verfolgten am Staden das Auftaktspi­el des Weltmeiste­rs. Die meisten von ihnen waren danach maßlos enttäuscht.

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