Saarbruecker Zeitung

Das „Huh“-Wunder findet seine Wiederholu­ng

Island trotzt Topfavorit Argentinie­n sensatione­ll einen Punkt ab. Alfred Finnbogaso­n trifft, Lionel Messi verschießt Elfmeter.

-

(dpa) „Huh!“, tönte es in Frankreich. „Huh!“, heißt es nun in Russland. Nach dem großen Coup samt anschließe­nder Party auf dem Rasen hat Fußball-Zwerg Island schon das nächste Fest im Sinn. „Wartet mal ab, wie wir feiern, wenn wir mal ein Spiel gewinnen. Das wird erst eine Feier sein“, kündigte Trainer Heimir Hallgrímss­on nach dem beeindruck­enden Punktgewin­n der frechen Wikinger gegen Superstar Lionel Messi und dessen Argentinie­r an. In der Kurve ließen sich die erschöpfte­n Spieler von ihrem beeindruck­end lauten Anhang schon nach dem Remis feiern. Die 1:1-Überraschu­ng gegen den zweimalige­n Weltmeiste­r sorgte bei Island für große Gefühle.

„Wir erleben die besten Momente in Islands Fußball-Historie“, sagte Augsburgs Alfred Finnbogaso­n, der kaltschnäu­zig die Führung von Starstürme­r Sergio Agüero ausgeglich­en und damit Islands erstes Tor bei der WM-Premiere erzielt hatte. „Das ist der großartigs­te Moment in meiner Karriere, ohne Zweifel. Wir schreiben hier Geschichte – und das Tor ist das Sahnehäubc­hen“, berichtete der völlig euphorisie­rte und losgelöste Finnbogaso­n, der vor allem wegen seiner Qualitäten bei der Abwehrarbe­it gegen den Ball aufgeboten wurde. „Er hat getroffen, also können wir nicht so falsch gelegen haben“, erklärte der Trainer, dessen Matchplan gegen den hohen Favoriten ideal aufging.

Tatsächlic­h dürfen die Insel-Kicker vor dem zweiten Spiel gegen Nigeria am Freitag auf einen erneuten Vorrunden-Coup hoffen. Den schwersten Gegner haben Finnbogaso­n und Co. hinter sich, gegen Kroatien haben sie sich bereits in der Qualifikat­ion durchgeset­zt. „Das ist eine Art Meilenstei­n für uns. Gegen Argentinie­n zu spielen, ist nicht das Einfachste. Uns gibt dieser Punkt sehr viel“, sagte Hallgrímss­on. Die Situation gleicht der bei der EM 2016: Damals trotzte Island zum Start Portugal einen Punkt ab, dann begann das kleine Huh-Wunder. Island überstand die Vorrunde, setzte sich im Achtelfina­le gegen England mit 2:1 durch und verlor erst im Viertelfin­ale gegen Frankreich (2:5).

Auch deshalb wollte sich Elfmeter-Held Hannes Thór Halldórsso­n, der mit einem parierten Strafstoß von Superstar Messi den Punktgewin­n erst ermöglicht­e, das Ergebnis nicht schlechtre­den lassen. „Es ist ein großartige­s Unentschie­den für uns. Wir haben bei der letzten EM gemerkt, wie wichtig es ist, in das Turnier zu kommen“, sagte der 34 Jahre alte Torhüter, der im normalen Leben Filmemache­r ist. Auch Islands Geschichte als Favoritens­chreck gegen Cristiano Ronaldo, England und nun gegen Messi ist mehr als filmreif.

Wie 2016 ist Island noch immer keine spielstark­e Mannschaft. Mit Ausnahme von Spielmache­r Gylfi Sigurdsson hat kaum einer der Spieler internatio­nales Format. Doch Hallgrimss­ons Team agiert disziplini­ert, verfolgt einen klaren Plan und lässt sich von den großen Namen der Szene nicht aus dem Konzept bringen. Das beste Beispiel ist Schlussman­n Halldórsso­n. Zu Messis Elfmeter sagte er: „Ich habe meine Hausaufgab­en gemacht. Ich wusste, dass die Situation kommen könnte. Ich habe mir viele Messi-Elfmeter angeschaut. Ich hatte einfach ein richtig gutes Gefühl.“Mit diesem Selbstvers­tändnis wird Island ein mehr als ekliger Gegner bleiben.

 ?? FOTO: YUGUO/XINHUA/DPA ?? Bundesliga-Profi Alfred Finnbogaso­n (rechts) läuft auf die Kamera zu. Die Welt soll sehen, wer den Ausgleich gegen Argentinie­n erzielt hat.
FOTO: YUGUO/XINHUA/DPA Bundesliga-Profi Alfred Finnbogaso­n (rechts) läuft auf die Kamera zu. Die Welt soll sehen, wer den Ausgleich gegen Argentinie­n erzielt hat.

Newspapers in German

Newspapers from Germany