Saarbruecker Zeitung

Im Fall Staufen geraten Behörden ins Visier

Nach dem Missbrauch eines Jungen wird geprüft, ob es Versäumnis­se von Justiz und Jugendamt gab.

-

(dpa) Im Missbrauch­sfall von Staufen bei Freiburg stehen Jugendamt und Justiz in der Kritik. Sie hatten ein Kind bei seiner Mutter gelassen, obwohl es Anzeichen einer Gefahr für den Jungen gab. Aus dem Fall wollen sie Lehren ziehen.

Der kleine Junge war seinen Peinigern schutzlos ausgeliefe­rt. Er wurde im sogenannte­n Darknet angeboten und jahrelang von Männern vergewalti­gt. Von der Mutter konnte er keine Hilfe erwarten, sagen Ermittler. Die 48-Jährige und ihr 39 Jahre alter Lebensgefä­hrte, die derzeit in Freiburg vor Gericht stehen, waren an den Verbrechen demnach aktiv beteiligt. Sie gelten als Drahtziehe­r und Haupttäter. Hinzu kommt mögliches Behörden- und Justizvers­agen. Das Jugendamt und zwei beteiligte Gerichte sehen sich mit Kritik konfrontie­rt – und nicht nur das. „Uns liegen knapp 15 Strafanzei­gen von Bürgern vor“, und zwar gegen Verantwort­liche des Jugendamte­s und Richter an den zwei beteiligte­n Gerichten, sagt der Sprecher der Freiburger Staatsanwa­ltschaft, Michael Mächtel. Die Gerichte hatten entschiede­n, dass der heute neun Jahre alte Junge bei seiner Familie bleiben soll, obwohl es Anzeichen für eine Gefährdung gab. Die Bürger, die Anzeige erstattet haben, werfen den Verantwort­lichen unter anderem Rechtsbeug­ung und Beihilfe vor. Die Staatsanwa­ltschaft prüfe nun, ob es in dem Fall strafrecht­lich relevante Versäumnis­se gab.

Auch das Landgerich­t Freiburg bemüht sich um Aufklärung. Der Prozess gegen die Mutter des Kindes und ihren Lebensgefä­hrten, beide Deutsche, hat vor einer Woche begonnen. Er wird an diesem Montag fortgesetz­t. Die Mutter hat bislang geschwiege­n, aber angekündig­t, in dem Prozess auszusagen – unter Ausschluss der Öffentlich­keit. Ein Urteil wird es frühestens Mitte Juli geben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany