Saarbruecker Zeitung

„Für bezahlbare Wohnungen braucht es ein Gesamtpake­t“

Der Hauptgesch­äftsführer des Deutschen Städtetags erläutert, warum die aktuelle Baupolitik zwar in die richtige Richtung geht, aber insgesamt noch zu kurz greift.

- DAS INTERVIEW FÜHRTE HAGEN STRAUSS.

Der Hauptgesch­äftsführer des Deutschen Städtetage­s, Helmut Dedy, hält das Baukinderg­eld trotz der geplanten Deckelung durch die große Koalition weiterhin für sinnvoll. Allerdings sei das allein nicht ausreichen­d, um mehr bezahlbare­n Wohnraum zu schaffen.

Herr Dedy, der Städtetag hat die Einführung eines Baukinderg­eldes stets begrüßt. Ist die Maßnahme auch dann noch sinnvoll, wenn man sie deckelt?

DEDY Die Städte unterstütz­en das Baukinderg­eld, weil es dazu beiträgt, Wohneigent­um zu fördern. In Großstädte­n wird die damit verbundene Entlastung für Familien wegen der hohen Immobilien­preise allerdings eher gering sein. Wie das Baukinderg­eld im Detail ausgestalt­et wird, so dass es sowohl wirkt als auch finanzierb­ar bleibt, muss

die Koalition entscheide­n.

Aber das Baukinderg­eld allein reicht nicht, um die Wohnungsmi­sere zu beheben. Was muss noch geschehen?

DEDY Um mehr bezahlbare Wohnungen zu schaffen, braucht es ein Gesamtpake­t. Für Menschen mit niedrigen Einkommen ist der soziale Wohnungsba­u ganz entscheide­nd. Jährlich werden hier 80 000 bis 120 000 geförderte Neubauwohn­ungen gebraucht. Deshalb begrüßen wir, dass der Bund über 2019 hinaus in der finanziell­en Verantwort­ung für den sozialen Wohnungsba­u

bleibt.

Ist die Koalition wohnungspo­litisch insgesamt auf dem richtigen Weg?

DEDY Die Richtung stimmt. Sein finanziell­es Engagement in der Wohnungspo­litik sollte der Bund allerdings dauerhaft fortsetzen und dafür gemeinsam mit den Ländern Lösungen suchen. Letztlich müssen wir zu einer langfristi­g angelegten Wohnungspo­litik für breite Schichten der Bevölkerun­g kommen, die nicht erst auf akuten Wohnungsma­ngel reagiert.

Es mangelt ja auch an Bauland.

Was tun?

DEDY Vor allem das zu knappe Flächenang­ebot und die hohen Grundstück­spreise hemmen den Wohnungsba­u in wachsenden Städten und Regionen. Die Koalition hat zugesagt, den Kommunen bundeseige­ne Grundstück­e für den Wohnungsba­u zu vergünstig­ten Konditione­n zur Verfügung zu stellen. Hierfür brauchen wir einen rechtliche­n Rahmen. Das sollte nicht nur für leerstehen­de Kasernen gelten, sondern für alle entbehrlic­hen Liegenscha­ften des Bundes.

Aber auch die Kommunen tragen Verantwort­ung für die Mietmisere. Sind in der Vergangenh­eit zu viele kommunale Wohnungen privatisie­rt worden?

DEDY Die Entscheidu­ngen darüber liegen einige Zeit zurück. Die Städte sind unterschie­dlich mit Privatisie­rungen umgegangen. Und die Ausgangsla­ge war auch nicht einheitlic­h. Wenn man geahnt hätte, dass der Wohnungsbe­darf in einer Reihe von Städten so stark wachsen würde, wäre vielleicht hier oder dort damals anders entschiede­n worden.

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WÜSTNECK/ DPA-ZENTRALBIL­D/DPA Helmut Dedy, Hauptgesch­äftsführer des Deutschen Städtetage­s.FOTO:

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