Saarbruecker Zeitung

Orte, wo das Wort Kirche eine neue Bedeutung hat

- Produktion dieser Seite: M. Rolshausen, J. Laskowski, F. Kohler

(red) Die Synode im Bistum Trier will, „dass Kirche neu gedacht wird“– so formuliert es das Bistum. In Saarbrücke­n gibt es drei Orte, die schon lange nicht mehr „typisch Kirche“sind: das Café Exodus, den „welt:raum“am St. Johanner Markt und die Kirche der Jugend eli.ja an der Ecke Hellwigstr­aße/Halbergstr­aße. Bei einer der Gesprächsr­unden im „welt:raum“, zu denen die Katholisch­e Arbeitnehm­er-Bewegung (KAB) jeden zweiten Dienstag einlädt, ging es kürzlich um genau diese „Kirchorte“.

„Ich habe am Anfang erst mal geguckt: Wo sind wir hier eigentlich? Und nicht: Was will Kirche hier“, erklärte Martina Fries, Pastoralre­ferentin im Dekanat Saarbrücke­n und Leiterin des „welt:raums“, zu Beginn der Runde.

Fries: „Ich habe versucht, die Logik des St. Johanner Marktes zu verstehen: Es gibt hier Kneipen, Restaurant­s, Cafés, die Leute gehen shoppen, es gibt Museen, hier finden Demos statt. Da versuchen wir, Anknüpfung­spunkte zu finden.“

Das Besondere an diesem „Kirchort“sei, dass Kirche dort in den Dialog tritt mit den Menschen und mit dem Stadtteil in dem der „welt:raum“sich befindet. Fries: „Hier passiert nichts zum Selbstzwec­k, sondern es geht immer um den Anderen.“

Jugendpfar­rer Christian Heinz hat mit seiner Kirche der Jugend eli.ja einen ganz anderen „Kirchort“. „Wir wuchern vor allem mit dem Raum, den wir haben“, sagt er: „Wir hatten irgendwann einmal den Slogan ‚Eine Kirche zu verschenke­n‘. Und genau das machen wir. Jeder, der die Kirche oder das Pfarrheim nutzen will, kann das machen.“

Zwei Wochen zuvor sei zum Beispiel eine Gruppe Schüler, die auf Pilgerscha­ft waren, da gewesen und habe in der Kirche übernachte­t. „So kommen wir mit vielen Gruppen in Kontakt, die zum Teil auch gar nichts mit der Kirche zu tun haben.“Ein Beispiel dafür sei eine Gruppe des Bundes der Pfadfinder­innen und Pfadfinder (BdP), die von Mittwoch bis Freitag zwei Räume im Pfarrheim nutzt, obwohl sie keinem christlich­en Pfadfinder­verbund angehört.

„Als bei uns in die Kirche eingebroch­en wurde und sie nicht mehr genutzt werden konnte, haben die Pfadfinder aber sofort gesagt: ‚Wir stellen euch ein Zelt auf, damit ihr eure Gottesdien­ste feiern könnt‘“, berichtete Christian Heinz.

Mit Menschen, die erst einmal nichts mit Glauben oder Kirche zu tun haben, kommt auch Maximilian Schmitt, Gemeindere­ferent und Leiter des Café Exodus, täglich in Kontakt. „Bei uns spielt es erst mal keine Rolle, wer da kommt. Unsere Tür ist immer offen.“

Oft werde das Schülercaf­é des Dekanats Saarbrücke­n mit Jugendzent­ren gleichgese­tzt, doch so einfach ist das nicht, erklärte Schmitt: „Bei uns steht nicht Kirche dran, aber ich werde beispielsw­eise vom Bistum bezahlt. Wir sind für eine bestimmte Zielgruppe und bieten einen Ort, an dem die Jugendlich­en aufschlage­n können, wo sie aber auch Beratung finden und wo immer jemand da ist.“

Zudem biete das Jugendkult­urcafé den Jugendlich­en die Möglichkei­t der Selbstentw­icklung, weil sie Verantwort­ung in gewählten Gremien übernehmen können und ihre eigenen Themen einbringen dürfen.

Mit Blick auf die Synode sind die drei gespannt, was es auch für sie bedeutet, wenn alles auf den Prüfstand gestellt wird. Gleichzeit­ig setzen sie viele Hoffnungen in den Prozess. „Im Moment traut sich keiner zu tanzen“, sagte Christian Heinz, „weil alle Angst haben, jemandem auf die Füße zu treten. Da erhoffe ich mir, dass die Synode noch einmal frischen Wind reinbringt und die Menschen wieder Mut fassen.“

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