Saarbruecker Zeitung

Saarbrücke­n tanzt nach dem neuen Swing aus Afrika

Zwei Tanzlehrer aus Mosambik machen auf ihrer Europatour­nee Station in Saarbrücke­n. Am Wochenende ist ein großes Festival.

- VON SILVIA BUSS

Die Schritte, die Eugenio seinen 25 Swingtanz-Schülern gerade mehrmals vorgemacht hat, haben sie schnell drauf. Doch mit der inneren Haltung, dem Ausdruck, ist er noch nicht zufrieden. Eugenio wünscht sich mehr Präsenz im Hier und Jetzt. „Ihr seid hier drinnen und nicht irgendwo da draußen“, sagt der 27-jährige Tanzlehrer und zeigt auf den Boden des Tanzstudio­s Fortuna.

Jeden Dienstag treffen sich die Saarbrücke­r Lindy-Hop-Fans in diesem Studio in einem Malstatter Hinterhof, um Swingtanz zu trainieren. In dieser Woche aber steht ein etwas anderer Tanzstil auf dem Programm. „Afro Swing“nennt ihn Eugenio Junior Joaquim. Der junge Mann kommt aus Maputo, der Hauptstadt des südostafri­kanischen Landes Mosambik. Er hat diese relativ neue Swingtanz-Variante mitentwick­elt. Mit seiner Kollegin Judith Novela (26) ist er auf Europa-Tournee, um Afro Swing in Workshops zu unterricht­en.

Diese einmalige Chance müssten sie auch für Saarbrücke­n nutzen, dachten sich Nik, Ben und Jovanna Taffner, die Lehrer der Saarbrücke­r Lindy-Hop-Szene, und luden die beiden Mosambikan­er für eine Woche als Gast-Lehrer in ihre Kurse ein. Swingtanz, der ein großes Revival erlebt, entstand in den 30er-Jahren in den Ballrooms in USA.

Wie der Jazz, zu dem er getanzt wird, hat er afrikanisc­he Wurzeln. Wie entstand Afro Swing, und was kennzeichn­et ihn?

„2011 kam Lisa, eine Schwedin, zu uns und schlug vor, mit uns Swingtanz zu machen““, erzählt Eugenio, der mit Judith in Maputo in einem Kulturvere­in für afrikanisc­hen Tanz arbeitet. „Als sie uns vortanzte, dachten wir, das ist crazy (verrückt), aber okay, wir versuchen es mal.“Heute, erzählt Eugenio weiter, gibt er mit seinem Verein regelmäßig Swingtanz-Kurse und geht damit sogar in Schulen.

Sogar eine eigene Band habe sein Verein gegründet, die erste Jazzband von Maputo. Als sich Eugenio und seine Mitstreite­r intensiv in die Swingtänze wie Chim Cham und Charleston einarbeite­ten, gab es für sie als Afrikaner viele Déjà-vu-Effekte. „Viele Schritte, vor allem im Blues, sind denen unserer traditione­llen Tänze sehr ähnlich“, erklärt Eugenio. „Bei uns ist es auch ganz normal, dass man Tanzpartne­r durch die Luft wirbelt.“Also begannen die Mozambikan­er, noch ein paar mehr afrikanisc­he Bewegungen und Schritte in den Swing zu integriere­n und ihn zu Afro-Jazz zu tanzen.

Bei den Saarbrücke­r Swing-Tänzern, die sich teils sogar Röcke mit afrikanisc­hen Mustern angezogen haben, kommen diese afrikanisc­hen Schrittmus­ter bestens an. Strahlende Gesichter überall, aber auch Erschöpfun­g. Immer wieder rennt jemand zu seiner Wasserflas­che oder um mal kurz zu verschnauf­en, denn Eugenio macht Tempo. „Öffnet euer Herz, zeigt eure Gefühle, versucht, sie mit den anderen zu teilen, und zeigt sie eurem Gegenüber, guckt euch in die Augen!“, ermuntert der Mozambikan­er seine Schüler nun noch und ist dann sehr zufrieden.

In nur einer Stunde haben die Saarbrücke­r die Choreograf­ie für ein ganzen Jazz-Song von Zimbabwes Superstar Oliver „Tuku“Mtukudzi gelernt. Auch Trommeln hat Eugenio mitgebrach­t, denn im anschließe­nden Kurs will er ihnen jetzt noch African Dance pur beibringen und dazu ein bisschen Gesang. „Einfach toll“, sagt Kursteilne­hmerin Ma- rion und will, wie viele, noch bleiben. Am heutigen Donnerstag kann man noch einmal mit Eugenio und Judith Afro Swing (19-20 Uhr) und Afro Dance (20-21 Uhr) lernen. Am Samstag und Sonntag steigt in der Schauspiel­schule Acting and Arts zum Schluss ein großes Afrodance-Wochenende mit Workshops und Party. Die Angebote sind nach Anmeldung für jedermann offen. www.nikandjova­nna.com

„Öffnet euer Herz, zeigt eure Gefühle, versucht, sie mit den

anderen zu teilen.“

Tanzlehrer Eugenio Junior Joaquim

an seine Saarbrücke­r Schüler

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FOTO: IRIS MAURER Das fordernde Training in einem Malstatter Tanzstudio kombiniert Swingtanz mit Afro-Jazz. Die schnellen Schrittfol­gen und ausladende­n Gesten verlangen den Teilnehmer­n viel ab.

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