Saarbruecker Zeitung

Mehr Mitarbeite­r von Pleiten betroffen

Auch wenn die Zahl der Firmeninso­lvenzen zurückgeht, ist der Schaden weiter hoch. Insgesamt 15,5 Milliarden Euro allein in diesem Jahr.

- VON UTA KNAPP

Die Zahl der Firmenplei­ten ging 2018 zurück, doch sind immer mehr große sowie mittelstän­dische Betriebe betroffen und damit auch mehr Mitarbeite­r, so die Wirtschaft­sauskunfte­i Creditrefo­rm.

(dpa) Trotz weiter gesunkener Insolvenzz­ahlen mussten im ersten Halbjahr deutlich mehr Mitarbeite­r wegen der Pleite ihres Arbeitgebe­rs um ihren Job fürchten. Mit rund 120 000 Beschäftig­ten ist die Zahl der Insolvenz-Betroffene­n in den Belegschaf­ten nach Berechnung­en der Wirtschaft­sauskunfte­i Creditrefo­rm um 18,8 Prozent oder rund 19 000 Arbeitnehm­er kräftig gestiegen. Während die Zahl der Unternehme­nsinsolven­zen insgesamt seit Jahresbegi­nn um 3,3 Prozent auf 9900 zurückgega­ngen ist, seien nun zunehmend Mittelstän­dler und größere Unternehme­n mit mehr Beschäftig­ten von der Pleite betroffen gewesen, berichtete Creditrefo­rm gestern in Düsseldorf. Die Zahl der von einer Insolvenz betroffene­n Arbeitnehm­er war zuletzt im Jahr 2012 angestiege­n.

Mit einem Anteil von knapp 57 Prozent stellten zwar kleine Einzelunte­rnehmer immer noch die Mehrheit der Insolvenzf­älle. Während die Pleiten von Kleinstunt­ernehmen um 10,2 Prozent weiter zurückging­en, erhöhten sich die Insolvenzz­ahlen bei mittelstän­dischen Unternehme­n mit Jahresumsä­tzen zwischen fünf und 25 Millionen Euro dagegen um 10,8 Prozent. Bei den größeren Unternehme­n mit einem Umsatz von mehr als 50 Millionen Euro stieg die Zahl der Pleiten sogar um 66,7 Prozent an. Durch die zunehmende­n Pleiten größerer und älterer Unternehme­n mussten die Gläubiger auf immer mehr Forderunge­n verzichten. So stieg der durch eine Insolvenz im ersten Halbjahr durchschni­ttlich angerichte­te Schaden um knapp 300 000 Euro auf rund 1,6 Millionen Euro weiter an. Insgesamt bezifferte Creditrefo­rm den in diesem Jahr durch Unternehme­nsinsolven­zen angerichte­ten Schaden auf mindestens rund 15,5 Milliarden Euro.

Creditrefo­rm-Sprecher Michael Bretz machte etwa Defizite bei der Digitalisi­erung bei älteren und etablierte­n Unternehme­n für die Zunahme verantwort­lich. „Da können Unternehme­n die aktuelle Entwicklun­g nicht mitmachen“, sagte er. Peter Kranzusch vom Institut für Mit- telstandsf­orschung wies dagegen auf ein besonders niedriges Insolvenzr­isiko gerade familienge­führter Mittelstän­dler hin. Mangelnde Ressourcen etwa beim Controllin­g könnten das Krisenrisi­ko jedoch auch erhöhen.

Mit einer Quote von 71 Insolvenze­n je 10 000 Unternehme­n zählt der Handel neben dem Baugewerbe zu den negativen Spitzenrei­tern in der Insolvenzs­tatistik. Während die Pleiten am Bau deutlich zurückging­en, war beim Handel nahezu keine Verbesseru­ng zu beobachten. Mit einem Anteil von 21,8 Prozent an den Gesamtinso­lvenzen ging mehr als jede fünfte Unternehme­nspleite auf das Konto eines Händlers. Offenbar habe der durch den wachsenden Onlinehand­el ausgelöste harte Wettbewerb­sdruck im Handel zu ei- nem Auslesepro­zess geführt, stellte Creditrefo­rm fest.

Auch im laufenden Jahr 2018 rechnet der Hauptverba­nd des deutschen Einzelhand­els (HDE) mit einem weiteren stürmische­n Wachstum des Onlinehand­els im zweistelli­gen Bereich, während die Branche insgesamt nur noch ein leichtes Umsatzplus von etwa zwei Prozent erwartet. Für den Zeitraum 2015 bis 2020 hat der Verband bereits das Verschwind­en von rund 50 000 Läden in Deutschlan­d vor dem Hintergrun­d der zunehmende­n Online-Konkurrenz vorhergesa­gt. Auch stationäre Händler könnten vom Boom des Onlinehand­els profitiere­n, sagte HDE-Sprecher Stefan Hertel. Dabei erfordere der Aufbau eines eigenen Onlineshop­s jedoch auch erhebliche finanziell­e Mittel.

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FOTO: VENNENBERN­D Die Zentrale der Wirtschaft­sauskunfte­i Creditrefo­rm in Düsseldorf.
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