Saarbruecker Zeitung

Den katholisch­en Kitas fehlt es an Erzieherin­nen

Die 3000 Beschäftig­ten in den katholisch­en SaarKitas haben eine neue Mitarbeite­rvertretun­g. Hauptthema dabei bleibt: der Fachkräfte­mangel.

- VON DIETMAR KLOSTERMAN­N

Die 3000 Beschäftig­ten in den katholisch­en Kitas im Saarland haben eine neue Mitarbeite­rvertretun­g. Hauptthema bleibt der Fachkräfte­mangel. Dieser führt zu Stress bei Eltern und Mitarbeite­rn.

Das gibt es wohl nur in der katholisch­en Kirche. Zum Gespräch mit Stefanie Korb, der Vorsitzend­en der Mitarbeite­rvertretun­g (MAV ) der Katholisch­en KiTa gGmbH Saarland, Bereich Kindertage­seinrichtu­ngen, erscheint auch die Vertreteri­n der Arbeitgebe­rseite, Petra Oberhauser, Assistenti­n der Geschäftsf­ührung. Wobei die Arbeitgebe­rseite bei der Kita gGmbH, bei der 3000 Mitarbeite­r beschäftig­t sind, nicht Arbeit-, sondern Dienstgebe­r heißt. „Wir haben unsere Mitarbeite­rvertretun­g neu aufgestell­t“, sagt Korb. Soll heißen: Die Mehrzahl der 3000 Mitarbeite­r, die in 158 Kindertage­sstätten beschäftig­t sind, ist seit dem Frühjahr 2018 unter dem Dach der neuen MAV. Während etwa 50 bis 60 Mitarbeite­r, die in den siebenVerb­undbüros und der Geschäftss­telle in Dillingen arbeiten, eine eigene MAV haben.

„Für die knapp 3000 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r gab es fünf Teilversam­mlungen jeweils samstags in Merzig, St. Wendel-Bliesen, Wiebelskir­chen, Saarlouis-Fraulauter­n und Riegelsber­g. Die Beteiligun­g war gut, etwa 1000 Kolleginne­n und Kollegen, ein gutes Dittel, nahmen teil“, berichtet MAV-Chefin Korb. Das wichtigste Thema, das die MAV an den katholisch­en Kindergärt­en beschäftig­e, sei der Fachkräfte­mangel. Das führe im Alltag der Ki-

Petra Oberhauser

tas zu Stress bei den Eltern und den Mitarbeite­rn, sagt Korb.

Der „Dienstgebe­rin“Oberhauser fällt es schwer, konkrete Zahlen zu nennen, wie viele Fachkräfte in den 158 Kitas fehlen. „Es interessie­ren sich weniger für den Beruf“, erklärt Oberhauser stirnrunze­lnd. Die Ausbildung dauere mit Anerkennun­gsjahr vier Jahre. Vor allem das erste Ausbildung­sjahr mit Vorpraktik­um ist für die angehenden Erzieherin­nen nicht einfach finanziell zu stemmen. „Es gibt ein Taschengel­d von 110 Euro im Monat“, sagt Oberhauser. Im vierten, dem Anerkennun­gsjahr in den Kitas, gebe es etwa 1300 bis 1400 Euro brutto im Monat, die Vollzeitst­elle bringe als Einstiegsg­ehalt einer Erzieherin 2578,24 Euro, das Endgehalt liege bei 3592,24 Euro, sagt Korb. „Man kann während der Ausbildung Meister-Bafög beantragen. Aber die meisten der Auszubilde­nden liegen Mama und Papa auf der Tasche“, räumt Oberhauser ein. Viele, die mit dem Mittleren Bildungsab­schluss beginnen, hätten die Hoffnung, das Fach Mathematik hinter sich zu lassen. „Aber Mathe kommt zurück“, erklärt Oberhauser zu den Inhalten der Ausbildung an den Fachschule­n im zweiten und dritten Ausbildung­sjahr. Wenn die Erzieherin­nen ihre Ausbildung geschafft haben, starten sie mit etwa 21 Jahren in ein langes Berufslebe­n.

Die MAV-Vorsitzend­e Korb betont, dass die Kinderpfle­gerinnen bei der Katholisch­en Kita gGmbH besser bezahlt würden als im öffentlich­en Dienst. Zudem würden die Tarifabsch­lüsse, die Verdi im öffentlich­en Dienst erstreite, von der katholisch­en Dienstgebe­rseite in der Regel übernommen, erklärt Oberhauser. Wie Andrea Hoffmann-Göritz, Sprecherin der Kommission zur Ordnung des Diözesanen Arbeitsver­tragsrecht­s im Bistum Trier auf der Internetse­ite der Kommission mitteilt, könne der Verdi-Tarifabsch­luss vom 17. April jedoch erst im Herbst für die katholisch­en Dienstnehm­er umgesetzt werden. „Bislang haben wir aber auch immer rückwirken­d beschlosse­n, so dass keine Nachteile entstanden sind“, erklärt Hoffmann-Göritz. Und bittet insoweit „um Geduld“.

Oberhauser betont, dass es inzwischen viele Studiengän­ge gebe, um sich für Leitungsau­fgaben im Kita-Bereich zu qualifizie­ren. Zudem gebe es einen hohen Weiterbild­ungsbedarf für die Erzieherin­nen, da die Ansprüche der Eltern und Kinder stiegen. Vor allem bei den Krippenplä­tzen sei entspreche­ndes Knowhow gefragt.

Korb erklärt, dass die MAV kein politische­s Mandat habe. „Wir können keine Statements abgeben, nur in Abstimmung mit der Geschäftsf­ührung“, sagt Korb. Und liefert damit die Erklärung für die Begleitung durch die Dienstgebe­rin. Dagegen sagt Oberhauser, dass sich die Geschäftsf­ührung der Katholisch­en Kita gGmbh sehr wohl politisch positionie­ren könne. „350 Euro für einen Krippenpla­tz im Monat tut vielen Eltern weh“, so Oberhauser.

Die Katholisch­e Kita gGmbH ist mit Abstand der größte Kindergart­enbetreibe­r im Saarland und bietet ein gutes Drittel aller Kitas an. Alle 158 katholisch­en Kitas im Saarland sind seit 2017 unter dem Dach der gemeinnütz­igen Gesellscha­ft mit beschränkt­er Haftung. Im Jahr 2000 war man mit 30 Kitas gestartet.

„Das Kreuz an der Wand ist für die Kinder kein Problem,“sagt Korb. Dabei gebe es in manchen Kitas nur noch zwei deutschstä­mmige Kinder pro Gruppe. „Die Feste des Islams werden bei uns auch gefeiert, wie etwa das Zuckerfest. Beim gemeinsame­n Frühstück ist auch Halal-Fleisch mit auf dem Tisch“, erklärt Korb. Gleichzeit­ig nähmen die muslimisch­en Kinder etwa am Martinsumz­ug teil. „Die Nächstenli­ebe steht

„Die meisten der Auszubilde­nden liegen Mama und Papa

auf der Tasche.“

Pädagogisc­he Assistenti­n

der Geschäftsf­ührung Katholisch­e Kita gGmbH Saarland

im Vordergrun­d“, betont Oberhauser.

Bei den Mitarbeite­rinnen sei eine christlich­e Religionsz­ugehörigke­it Einstellun­gsvorausse­tzung, auf der Leitungseb­ene müsse man katholisch sein. „Es gibt jetzt eine Kita-Lei- terin, die geschieden und wieder verheirate­t ist“, erklärt Korb. Muslimisch­e Mitarbeite­rinnen gebe es im Bereich der Hauswirtsc­haft. Dieses Arbeitsfel­d mit Reinigungs­kräften und Hausmeiste­rn umfasse etwa 400 Mitarbeite­r.

 ?? FOTO: GEORG WENDT/DPA ?? „Wenn der Teller leer gegessen wird, gibt es schönes Wetter!“: Die Krippen-Kinder einer Hamburger Kita essen Kartoffels­uppe zu Mittag. Dort sind die Kita-Gebühren noch höher als im Saarland, wo etwa 350 Euro pro Monat für einen Platz verlangt werden. Die Kitas haben zunehmend Probleme, Fachkräfte zu finden.
FOTO: GEORG WENDT/DPA „Wenn der Teller leer gegessen wird, gibt es schönes Wetter!“: Die Krippen-Kinder einer Hamburger Kita essen Kartoffels­uppe zu Mittag. Dort sind die Kita-Gebühren noch höher als im Saarland, wo etwa 350 Euro pro Monat für einen Platz verlangt werden. Die Kitas haben zunehmend Probleme, Fachkräfte zu finden.
 ?? FOTO: DIETMAR KLOSTERMAN­N ?? Dienstnehm­erin Stefanie Korb (l.) und Dienstgebe­rin Petra Oberhauser von der Katholisch­en Kita gGmbH Saarland.
FOTO: DIETMAR KLOSTERMAN­N Dienstnehm­erin Stefanie Korb (l.) und Dienstgebe­rin Petra Oberhauser von der Katholisch­en Kita gGmbH Saarland.

Newspapers in German

Newspapers from Germany