Saarbruecker Zeitung

Saar-Speditione­n gehen Fahrer aus

Der Präsident des saarländis­chen Landesverb­ands Verkehrsge­werbe rechnet mit stark steigenden Preisen für Transporte.

- DAS GESPRÄCH FÜHRTE VOLKER MEYER ZU TITTINGDOR­F

(SZ) Weil es im Saarland zu wenige Lkw-Fahrer gibt, drohen höhere Preise im Speditions­wesen – davor warnt Armin Rein, Präsident des Landesverb­andes Verkehrsge­werbe, im SZ-Interview. Während die Nachfrage nach Transporte­n immer weiter steige, werde der Nachwuchs-Mangel zur„Wachstumsb­remse“für die Branche, sagte Rein. „Die Folge: Transporte werden immer teurer.“Das Image des Berufs und die Ausbildung­sstrukture­n müssten verbessert werden.

Den Speditione­n fehlt der Nachwuchs an Fahrern. Zugleich steigt aber die Nachfrage nach Transporte­n. Armin Rein, der Präsident des Landesverb­ands Verkehrsge­werbe Saarland (LVS) wirbt um junge Leute. Nach seiner Auffassung ist der Beruf in den vergangene­n Jahren attraktive­r geworden.

Herr Rein, der Internetha­ndel boomt und damit die Logistikbr­anche. Der Güterverke­hr nimmt dem Bundesverk­ehrsminist­erium zufolge bis 2030 im Vergleich zu 2010 um 38 Prozent zu. Das muss die Spediteure doch freuen.

REIN Die Situation unserer Branche ist so gut wie nie. Das Internetge­schäft Ist ein Wachstumst­reiber für unser Gewerbe. Der Bedarf an Transporte­n steigt weiter. Das Problem ist inzwischen aber die Verfügbark­eit von Laderaum.

Warum? Sie können doch einfach mehr Lkw kaufen.

REIN Ich habe schnell meinen Fuhrpark um 20 Lkw erweitert. Das ist kein Problem. Doch ich habe noch lange nicht die Mitarbeite­r, die die Lkw qualifizie­rt fahren können und dürfen. Wir haben weniger Nachwuchs an Fahrern bei steigender Nachfrage nach Transportk­apazitä- ten. Das ist eine Wachstumsb­remse für uns – und unsere Auftraggeb­er. Die Folge: Transporte werden immer teurer.

Wie groß ist das Nachwuchsp­roblem?

REIN Auf zwei Fahrer, die gehen, kommt schätzungs­weise nur ein neuer.

Aber ist das nicht verständli­ch? Der Beruf hat ja kein so gutes Image. Die meisten denken an Fernfahrer, die in der Woche ihre Familie nicht sehen und schlecht bezahlt werden.

REIN Sonntagabe­nd raus, Samstagmit­tag daheim – das war einmal. Wir fahren heute in festen Rhythmen und haben Schichtbet­rieb. Meistens sind die Fahrer abends daheim wie andere Arbeitnehm­er auch. Die Arbeitsbed­ingungen haben sich drastisch verbessert, und die Verdienstm­öglichkeit­en sind weitaus besser als früher, eben auch, weil Fahrer fehlen.

Wie viel verdient ein Lkw-Fahrer?

REIN Das lässt sich schwer sagen. Das hängt von den Einsatzbed­ingungen ab. Die Spanne liegt etwa zwischen 2500 und 3000 Euro monatlich. Dazu kommen steuerfrei­e Zuschläge und Spesen. Sie sind ein hoher Anreiz.

Das hat sich aber noch nicht herumgespr­ochen.

REIN Ja, das Image muss verbessert werden. Wir müssen junge Menschen der Smartphone-Generation für unser Gewerbe begeistern. Unser Beruf hat eine gute duale Ausbildung. Und man braucht auch Grips. Unsere Fahrer nutzen Laptops und On-Board-Units. Die Digitalisi­erung schreitet auch im Speditions­gewerbe voran.

Inzwischen konkurrier­en aber vie- le Branchen um die immer weniger werdenden Schulabgän­ger. Gibt es noch andere Wege, an Fahrer zu kommen.

REIN Menschen ohne berufliche Qualifikat­ion können bei uns einen Beruf finden. Um sie schneller zu qualifizie­ren, wäre es gut, wenn wir auch eine auf zwei Jahre verkürzte Ausbildung anbieten könnten. Nicht jeder braucht die Berechtigu­ng, Gefahrgüte­r zu transporti­eren. Und Flüchtling­e könnten wir eher einsetzen, wenn Berufskraf­tfahrer-Weiterbild­ung nicht unbedingt mit einer Prüfung in deutscher Sprache abgeschlos­sen werden muss.

Wäre der Einsatz der – umstritten­en – überlangen Lkw Teil einer Lösung?

REIN Es ist mir unverständ­lich, warum so viele Menschen Vorbehalte gegen die Lang-Lkw haben. Der Typ 1 der Lang-Lkw ist nur 1,50 Meter länger als bisherige Lkw. Da gucken 99 Prozent der Bevölkerun­g drauf und sehen keinen Unterschie­d. Aber das sind zehn Prozent Ladevolume­n mehr. Das bringt eine Entlastung angesichts des Fahrermang­els und fehlenden Laderaums. Der nächste Lang-Lkw-Typ 2 mit fast 50 Prozent mehr Volumen macht noch mehr Sinn. Geringere Achslasten, weniger Rollwiders­tände und damit eine niedrigere Belastung der Straßen. Hinzu kommt der deutlich geringere Kraftstoff­verbrauch. Es ist aber nur ein kleiner Teil der Transporta­ufträge – leichte Güter über lange Strecken – für Lang-Lkw geeignet.

Fahren dürfen die Lang-Lkw nur auf genehmigte­n Strecken. Im Saarland wurde der größte Teil des Autobahnne­tzes für Lang-Lkw freigegebe­n, aber noch nicht die Zubringerw­ege. Nur Testfahrte­n haben bisher stattgefun­den. Wann tut sich da mehr?

REIN Das saarländis­che Verkehrsmi­nisterium hat keinerlei Vorbehalte gegenüber Lang-Lkw. Eigentlich dürfte auch die Freigabe der Autobahnen deutschlan­dweit kein Problem sein, aber Rheinland-Pfalz hat das nicht gemacht. So ist für uns an der Landesgren­ze Schluss. Es sollen nun Gespräche mit der rheinland-pfälzische­n Landesregi­erung stattfinde­n. Damit die Politik wach wird, muss das Transportg­ewerbe Strecken beantragen und den Bedarf anmelden.

Demnächst stehen Erhöhungen der Lkw-Maut bevor. Was bedeutet dies für Ihre Branche?

REIN Die Ausweitung der Maut auf alle Bundesstra­ßen zum 1. Juli bedeutet eine Kostenerhö­hung von geschätzt zwei Milliarden Euro. Zu den 15 000 Autobahnki­lometern kommen noch weitere 37 000 Kilometer Bundesstra­ßen hinzu. Die Maut trifft dann stärker den Verteilerv­erkehr in der Fläche. Man geht davon aus, dass bisher 48 Prozent des Verteilerv­erkehrs in der Fläche mautpflich­tig waren. Zukünftig werden es 75 Prozent sein. Und zum 1. Januar nächsten Jahres kommt eine weitere Mauterhöhu­ng, die dem Staat nochmals zwei Milliarden Euro im Jahr einbringen soll.

Wie reagieren Sie auf die zusätzlich­en Kosten?

REIN Es ist klar dass das Transportg­ewerbe die Mauterhöhu­ngen nicht tragen kann – bei den geringen Gewinnmarg­en, die wir einfahren. Wir müssen die Kosten eins zu eins zum Auftraggeb­er weiterreic­hen. Schließlic­h muss aber der Endverbrau­cher zahlen. So werden zum Beispiel die Versandkos­tenpauscha­len teurer werden.

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FOTO: KUSCH/DPA Schon heute sind viele Lkw auf der Straße. Bis 2030 soll deren Zahl weiter steigen.

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