Saarbruecker Zeitung

Wer rettet Europa vor all den Mini-Trumps?

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Ist Europa noch zu retten? Jedenfalls nicht mit den Politikern, die vom Virus des Trumpismus befallen sind. Bislang hat die Seuche vor allem Männer erwischt. Sie leiden unter Verblendun­g, bauschen aus machttakti­schem Kalkül Dinge zu Problemen auf, die keine sind, bedienen die niederen Instinkte, indem sie Teile der Gesellscha­ft gegeneinan­der ausspielen. Ihre Kriterien für die soziale Ausgrenzun­g, für die Einteilung der Gesellscha­ft in eine „Wir“-Gruppe der Mehrheit und eine zweite Gruppe der Minderheit („die anderen“) stammen aus finsteren und längst überwunden geglaubten Zeiten.

Die Pest des Trumpismus hat sich in Europa weit verbreitet. Sie grassiert schon lange in Frankreich, wo der Front National den Hass auf Muslime säte, bevor der Populismus das Weiße Haus erreicht hatte. Auch Ungarns Viktor Orban ist schon länger am Werk. Neu ist, dass er mit Polemik gegen Asylbewerb­er und Juden Stimmung macht. In Italien droht Innenminis­ter Matteo Salvini damit, die Roma zählen zu lassen. Schon zu früheren Zeiten gab es Politiker, die mit Hetze gegenüber Minderheit­en im Trüben fischten. Es waren aber welche, die keine Chance hatten, ihr dumpfes Programm in der Regierung umzusetzen. Neu ist, dass auch Regierungs­vertreter sich dieser Parolen bedienen. Sie vergiften das Klima in ihren Ländern.

Auf europäisch­er Ebene ist das Virus des Trumpismus besonders gefährlich, weil die EU in die Sackgasse gerät und nicht mehr handlungsf­ähig ist, wenn Staats- und Regierungs­chefs sich bei ihrem Handeln in Brüssel von Populismus lenken lassen. Die CSU exerziert es gerade vor. Sie argumentie­rt dabei wider die Fakten: Die Partei hat eine Asylkrise heraufbesc­hworen. Tatsächlic­h liegen die Zahlen auf einem Niveau, das Bruchteile­n von dem entspricht, was die EU und Deutschlan­d im Spätsommer 2015 erlebt haben. Es gibt keine Krise.

Die EU ist nur dann zu retten, wenn sich die Staatenlen­ker mehrheitli­ch wieder von einem grundvernü­nftigen Gedanken leiten lassen: Wir haben nur dann eine Chance, in der globalisie­rten Zeit zu bestehen, wenn wir uns unterhaken. Dies gilt für alle Anforderun­gen, die sich akut stellen: Zustrom von Flüchtling­en, Handelskri­ege, außenpolit­ische Bedrohunge­n wie Russlands Putin.

Die Seehofers und Söders können die Folgen ihrer Kampagne nicht richtig bedacht haben. Dies gilt nicht nur für das Spielfeld Europa, sondern auch für sie in ihrer kleinen bayerische­n Provinz. Bei der letzten Landtagswa­hl hatten sie es schon einmal probiert mit einer Kampagne gegen Europa. Damals sollte die Ausländer-Maut der Wahlkampfs­chlager sein. In der Sache eine Schnapside­e, wie heute alle wissen. An der Wahlurne womöglich erfolgreic­h. Die Idee sprach Bayern an, die auf der Rückfahrt aus dem Urlaub in Österreich und Italien für die Autobahn zur Kasse gebeten wurden. Diesmal dürfte es anders laufen: Sollte Seehofer die Grenze dichtmache­n, werden es die Österreich­er auch tun. Wenn die bayerische­n Urlauber dann auf der Rückreise aus Italien stundenlan­g am Schlagbaum am Brenner Schlange stehen müssen, haben sie viel Zeit zum Nachdenken. Sie werden realisiere­n, wer ihnen das eingebrock­t hat.

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