Saarbruecker Zeitung

Autozulief­erer ZF will einen autonom fahrenden Bus bauen

- VON UDO RAU

Der Automobil-Zulieferer-Konzern ZF Friedrichs­hafen AG macht mächtig Druck bei der Gestaltung der künftigen Mobilität. Der Bodensee-Konzern richtet sich dabei zusehends selbst neu aus und will als System- und Komponente­nanbieter von den Trends zur Elektromob­ilität und automa- tisiertem Fahren profitiere­n. „Wir wollen die nächste Generation der Mobilität gestalten“, sagte ZF-Chef Wolf-Henning Scheider am Firmensitz in Friedrichs­hafen aus Anlass des traditione­llen „Technologi­etag“.

Der erste Paukenschl­ag innerhalb dieser Strategie kommt schon: Scheider und Günther Schuh, Gründer der e.GO Mobile AG (Aachen), kündigten den Start der Serienpro- duktion eines kleinen, autonom fahrenden Busses für die innerstädt­ische Mobilität an. Beide Partner werden bereits ab 2019 dieses Fahrzeug in einem Gemeinscha­ftsunterne­hmen (60 Prozent e.GO und 40 Prozent ZF) produziere­n. E.GoMover-Chef Schuh ist der Mann, der das Elektro-Zustellfah­rzug Streetscoo­ter für DHL entwickelt hat und auch herstellt. ZF will dort seine Systemkomp­etenz einbringen.

Zum Start wird eine Jahresprod­uktion im fünfstelli­gen Bereich angepeilt. In den kommenden fünf bis sieben Jahren wird weltweit eine Nachfrage von bis zu einer Million dieser Fahrzeuge erwartet. „Wir gehen aber nicht unter die Autobauer“, stellte Scheider klar. Es handele sich um eine Initialzün­dung, mit der ZF global sich am Zukunftsma­rkt positionie­ren will. „Der e.GO-Mo- ver ist das erste serienreif­e Fahrzeug, um eine automatisc­h fahrendes Mobilitäts­konzept für Städte zu ermögliche­n“, so Scheider. Weiterhin präsentier­te ZF beim „Technologi­etag“ein autonom fahrendes Fahrzeug für Paketzuste­ller, bei dem der Zusteller weder fahren noch parken muss: Er kann sich auf die Zustellung der Pakete konzentrie­ren. Besonders großes Potenzial für autonomes Fahren sieht Scheider bei den Nutzfahrze­ugen. Er denkt etwa an automatisi­er- te Lkws auf Werft- und Logistikge­länden oder in der Landwirtsc­haft: „Dort wird sich das automatisi­erte Fahren zuerst durchsetze­n“, ist der ZF-Chef überzeugt.

Die forcierte Ausrichtun­g auf die künftige Mobilität heiße aber nicht, dass die Stammgesch­äfte vernachläs­sigt werden wie etwa die Produktion von Pkw-Automatget­rieben am Standort Saarbrücke­n, wo das Geschäft nach wie vor auf Hochtouren läuft. Gleichwohl mache man sich Gedanken über Folge-oder Alternativ­produkte für Saarbrücke­n, wenn die Nachfrage nach den an der Saar produziert­en Getrieben für Fahrzeuge mit Verbrennun­gsmotor einmal zurückgehe. „Ich glaube, dass wir etwa in sechs Jahren so weit sind. Wir haben keinen Zeitdruck und wir haben auf diese Frage auch noch keine perfekte Ant- wort“, sagte Scheider. Hinzu komme, dass der steigende Anteil von Hybriden bei den Achtgangge­trieben zu neuen Absatzkanä­len führe. „Ich bin in dieser Frage relativ gelassen. Im Werk Saarbrücke­n braucht sich keiner Sorgen zu machen“, betonte Scheider.

Unter dem der Motto „smarte Logistik“entsteht derzeit im Werk Friedrichs­hafen vor dem Hintergrun­d der Herausford­erung von Industrie 4.0 eine neue, vernetzte Musterfabr­ik, bei der die logistisch­en Prozesse neu gestaltet werden. Bis Ende 2018 soll das endgültige Konzept stehen. „Darüber sprechen wir auch mit unseren anderen Fabriken und werden dieses Konzept dann auch in Saarbrücke­n einführen, es wird eine Evolution, keine Revolution“, so der Leiter der Modellfabr­ik, Harald Lenhardt.

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FOTO: UDO RAU Wolf-Henning Scheider, Vorstandsc­hef von ZF.

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