Saarbruecker Zeitung

Warum ein AfD-Mitarbeite­r kein Schöffe wird

Der Neunkirche­r Stadtrat streicht einen der 68 Bewerber von der Liste – ohne offizielle Begründung.

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(kir) Schöffen spielen in der Justiz eine wichtige Rolle. Sie sind keine bloßen Helfer der Berufsrich­ter, sondern ihnen gleichgest­ellt. Wer Schöffe werden will, muss Deutscher sein, nicht jünger als 25 und nicht älter als 70 Jahre, er muss strafrecht­lich eine weiße Weste haben und einige andere formale Anforderun­gen erfüllen. Dass der Neunkirche­r Stadtrat in seiner letzten Sitzung einen von 68 Bewerbern kurzerhand von der Vorschlags­liste als Schöffe am Amtsgerich­t strich, lag aber nicht an fehlenden formalen Voraussetz­ungen. Eher daran, dass Bewerber Nummer 46 Mitarbeite­r der AfD-Landtagsfr­aktion ist.

Christoph Schaufert – so heißt Nummer 46 – fühlt sich wegen seiner politische­n Anschauung­en diskrimini­ert. „Wo soll das noch hinführen?“, fragt er. Schaufert ist 49 Jahre alt, verheirate­t mit einer, wie er sagt, inzwischen eingebürge­rten Ausländeri­n, Vater von vier Kindern, promoviert­er Archäologe und Historiker. Nach befristen Jobs und Zeiten der Arbeitslos­igkeit war er zuletzt selbststän­dig. Lange war er in der CDU. Er sei „ein honoriger und absolut gesetzestr­euer Bürger“.

Die SPD-Fraktion im Stadtrat, die Schauferts Ausschluss von der Liste erfolgreic­h beantragt hatte (27 zu 12 Stimmen), will diesen Schritt nicht begründen. Sie verweist nur auf eine „mehrheitli­che Entscheidu­ng der SPD-Fraktion“. Fraktionsc­hef Thomas Baldauf teilte auf SZ-Anfrage mit: „Die in mehreren vertraulic­hen und nicht-öffentlich­en Sitzungen der Fraktion und den zuständige­n Gremien des Stadtrates vorgetrage­nen individuel­len und vielfältig­en Beweggründ­e der Fraktionsm­itglieder darf ich Ihnen hier nicht mitteilen.“Jedenfalls habe die SPD-Fraktion entschiede­n, dass für ihre Mitglieder in der entscheide­nden Abstimmung des Stadtrates keine Fraktionsb­indung bestehe.

Am Verwaltung­sgericht in Saarlouis ist unterdesse­n ein ande- rer Mitarbeite­r der AfD-Fraktion längst als Laienricht­er tätig. Er wirkt an Urteilen im fünften Senat mit, der unter anderem für das Bergrecht (Grubenflut­ung) zuständig ist – und für Asylverfah­ren. Der Sprecher des Verwaltung­sgerichts, Christoph Schmit, erläutert, die Mitgliedsc­haft in einer Partei spiele bei der Wahl zum ehrenamtli­chen Richter grundsätzl­ich keine Rolle und führe für sich genommen auch nicht zur Unfähigkei­t, das Amt auszuüben. Im Übrigen richte sich der Ausschluss eines ehrenamtli­chen Richters oder eine etwaige Befangenhe­it nach den gesetzlich­en Kriterien, die für alle Richter gelten.

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