Saarbruecker Zeitung

Bei Risiken und Nebenwirku­ngen

Was hat uns der Fußball nicht schon für Dramen beschert: das Wunder von Bern, die Nacht von Belgrad, die Schmach von Cordoba und die Schande von Gijon. Vor allem bei großen Turnieren schlagen die Emotionen Wellen. Klar, dass da der Notarzt öfter mal komm

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Bevor Sie weiterlese­n, fragen Sie bitte erst Ihren Arzt oder Apotheker nach möglichen Risiken und Nebenwirku­ngen. Ich will schließlic­h nicht schuld sein, wenn Sie nach der Lektüre dieser Zeilen einen Herzkasper kriegen und nach Luft japsen. Beneidensw­erterweise gibt es Leute, denen so etwas nie passieren kann. Wie zum Beispiel unseren früheren Bundesinne­nminister Thomas de Maizière. Sie wissen schon, der Mann mit der Igelfrisur, der vor 20 Jahren seinen Blutdruck verloren und seitdem nicht mehr wiedergefu­nden hat. Der Mann war so rücksichts­voll, dass er zur Terrorabwe­hr in Deutschlan­d lieber nichts gesagt hat, als uns durch Teile seiner Antworten zu verunsiche­rn.

Menschen, die nur ansatzweis­e zu Emotionen neigen, haben es da schwierige­r. Vor allem in Zeiten der Fußballwel­tmeistersc­haft. Die Kassenärzt­liche Vereinigun­g des Saarlandes empfiehlt daher Patienten mit Bluthochdr­uck: „Fragen Sie Ihren Arzt, ob Sie vor besonders spannenden Spielen die Dosis (zum Beispiel von Blutdruckt­abletten) erhöhen dürfen.“Bin mal gespannt, wenn vor jedem Deutschlan­d-Spiel alle Blutdruck- patienten bei ihrem Hausarzt auf der Matte stehen und fragen, ob sie eine Pille mehr nehmen sollen.

Etwas weltfremd mutet dagegen folgender Vorschlag an: „Überlegen Sie sich, besonders nervenaufr­eibende Spielpassa­gen, zum Beispiel ein Elfmetersc­hießen oder eine Spielverlä­ngerung, gar nicht anzuschaue­n oder allenfalls am Radio zu verfolgen.“Ja, Herrschaft­szeiten, liebe Leute. Warum guckt man denn Fußball? Weil es spannend ist. Wenn ich mich bei einer Sportübert­ragung nicht aufregen will, schaue ich mir die Kreismeist­erschaft im Teebeutelw­eitwurf im ostfriesis­chen Emden an. Fußball guckt man, weil man dabei leiden kann. Klagen, Jammern, Kreischen, Greinen und Zittern gehören dazu. Und dann der erlösende Jubel, wenn Toni Kroos in der 95. Minute den Siegtreffe­r erzielt. Ein Tor, von dem die französisc­he Sportzeitu­ng L’équipe übrigens geschriebe­n hat, „das war kein Freistoß, sondern ein Messerstic­h ins Herz der Schweden“. Das ist Fußball. Emotion.

Die Kolumne ist fast zu Ende, und ich hoffe, Ihnen geht es weiterhin gut. Wenn nicht, sagen Sie nicht, ich hätte Sie vorher nicht gewarnt.

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