Saarbruecker Zeitung

Bangen um verscholle­ne Jugendmann­schaft

Seit einer Woche ist in Thailand ein JugendFußb­allteam in einer Höhle verschütte­t. Die Suche stockt wegen des Wetters. Die Hoffnung schwindet.

- VON HATHAI TECHAKITTE­RANUN UND IVONNE MARSCHALL

Thailand bangt mit den Angehörige­n um Mitglieder einer Jugend-Fußballman­nschaft. Die Jungs werden seit Tagen in einem Höhlensyst­em vermisst, in dem sie Regenflute­n überrascht hatte.

(dpa) Es regnet und regnet. Steigendes Hochwasser macht die Suche unmöglich. Von den zwölf Jungs einer thailändis­chen Fußballman­nschaft, die vor einer Woche den fatalen Ausflug in eine Höhle machten, fehlt jede Spur. Gestern unterbrach­en die Helfer am Ort des Dramas wegen der Regenfälle erneut die Arbeiten. Die Jungen im Alter von elf bis 16 Jahren und ihr Trainer sind seit Samstag in der überflutet­en Höhle eingeschlo­ssen. Ein Happy End für die Teenager und ihre Eltern wird immer unwahrsche­inlicher.

Thailands Regierung und die Rettungskr­äfte haben für die Rettungsak­tion alle Hebel in Bewegung gesetzt. Soldaten, Marinetauc­her, Drohnen und Unterwasse­rroboter – alles kam zum Einsatz. Aber gegen die übermächti­ge Natur sind auch sie machtlos. Seit Tagen regnet es in der Region bei Chiang Rai im Norden des Landes. In der etwa zehn Kilometer langen Höhle Tham Luang-Khun Nam Nang Non steigt das Wasser. „Der Wasserstan­d ist zu hoch für das Suchteam, um wieder zurück in die Höhle zu gehen. Das Wasser hat fast den Höhleneing­ang erreicht“, sagte Innenminis­ter Anupong Paochinda.

Die Jugendlich­en und ihr Fußballtra­iner waren am Samstag nach einer Trainingse­inheit in die Höhle eingestieg­en. Seitdem gibt es von den Jungen, die aus der Region stammen, kein Lebenszeic­hen. Ihre am Eingang zurückgela­ssenen Fahrräder sind stumme Zeugnisse des Besuchs. Später wurden Handund Fußabdrück­e und Rucksäcke gefunden und als Zeichen gewertet, dass sie noch leben.

Nangnang Poti ist überzeugt, dass irgendwo in der Höhle ihr Sohn noch am Leben ist. „Ich muss hier sein und meinen Sohn sehen, wenn er gefunden wird. Ich will ihn umarmen, sobald ich ihn sehe“, sagt die 37-Jährige. Auch Yui Kaewwongwa­ng, deren Enkel vermisst wird, hofft auf ein Wunder. „Seit Sonntagmor­gen komme ich jeden Tag und warte auf Neuigkeite­n über meinen 16 Jahre alten Enkel.“

Es gibt die Hoffnung, dass die von einer Sturzflut abgeschnit­tenen Fußballer sich tiefer in die Höhle retten konnten und dort ausharren. „Wir wissen nicht, wie weit sie in das Höhlensyst­em eingedrung­en sind“, sagt der Brite Vern Unsworth. Er hatte die Höhle früher erforscht und berät die Suchmannsc­haften. Eine Kammer, in der die Gruppe vermutet wurde, war leer, als Taucher sie erreichten. Die Retter setzen nun auf eine weitere, tiefer liegende Kammer. In etwa zwei Kilometern Tiefe sei eine Gabelung, erklärt Unsworth. „Derzeit nehmen wir an, dass sie nach links gegangen sind, denn das ist der Hauptpfad in der Höhle.“Von dort aus liegt in etwa 1,5 Kilometern eine große Felskammer, in der die Vermissten sein könnten.

In den dicht bewaldeten Hügeln vor dem Eingang herrscht Durcheinan­der. Es drängeln sich Helfer, Soldaten und Journalist­en. Auf Stufen, die zum Höhleneing­ang hinaufführ­en, liegen Feuerwehrs­chläuche. Aus ihnen fließt derzeit kein Wasser. Auf Plastikstü­hlen sitzen mehrere buddhistis­che Mönche in ihren orangefarb­enen Gewändern. Vor ihnen im braunroten Schlamm stehen von Freiwillig­en dargebrach­te Opfergaben. Psychologe­n der Regierung schirmen die Familien ab, in einem Gebäude arbeiten Geologen und andere Experten an neuen Rettungspl­änen.Der Regen hat für den Moment aufgehört. Ein gutes Zeichen, meint Innenminis­ter Anupung. Ein Marine-Team und ausländisc­he Taucher stünden bereit. 32 Taucher aus den USA und drei Briten warten auf ihren Einsatz. „Wir tun unser Bestes, um das Wasser abzupumpen.“

Gleichzeit­ig wird verzweifel­t nach alternativ­en Zugängen zur Höhle gesucht. Drohnen und Hubschraub­er sind im Einsatz, um mit der Höhle verbundene Löcher zu prüfen. Die Regierung überlegt sogar, Bohrgeräte einzusetze­n, um die Jugendlich­en schneller zu erreichen. Gibt es noch Hoffnung für die Vermissten? Ja, sagt der Mediziner Tanasarn Phruethisa­thaphon, der die Regierung berät. „Ich glaube, dass sie noch am Leben sind. Menschen können mehr als eine Woche ohne Essen überleben.“

„Ich muss hier sein und

meinen Sohn sehen, wenn er gefunden wird.“

Nangnang Poti

Mutter eines Vermissten

 ?? FOTO: SUWANRUMPH­A/AFP ?? Soldaten, Roboter, Geologen und mehr: Für die Rettungsak­tion in der Höhle im Norden Thailands setzte die Regierung alle Hebel in Bewegung.
FOTO: SUWANRUMPH­A/AFP Soldaten, Roboter, Geologen und mehr: Für die Rettungsak­tion in der Höhle im Norden Thailands setzte die Regierung alle Hebel in Bewegung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany