Saarbruecker Zeitung

Der Papst bereitet die Zeit nach Franziskus vor

Im Vatikan gibt es jetzt 14 neue, teils durchaus umstritten­e Kardinäle.

-

ROM Über fünf Jahre ist Franziskus jetzt Papst. Bereits zum fünften Mal ernannte das Oberhaupt der katholisch­en Kirche neue Kardinäle. Gestern kreierte Jorge Bergoglio 14 Kardinäle, von denen elf die Altersgren­ze von 80 Jahren noch nicht überschrit­ten haben und daher in einem Konklave, in dem der Papst gewählt wird, wahlberech­tigt wären.

Wie wichtig Kardinalse­rnennungen für die Zukunft der Kirche sind, zeigt sich an der Zusammense­tzung des aktuellen Kollegiums. 59 der jetzt insgesamt 125 wahlberech­tigten Purpurträg­er wurden von Franziskus ernannt, 47 von Benedikt XVI. und nur noch 19 von Johannes Paul II. Dieser verfügte, das Kollegium der wahlberech­tigten Kardinäle solle die Zahl 120 nicht überschrei­ten. Franziskus hält sich nicht eisern an diese Regel, er möchte den Gang der Kirche offenbar ganz gezielt durch die Auswahl des Führungspe­rsonals prägen.

In welche Richtung die Ernennunge­n diesmal gehen, ist bei Beobachter­n umstritten. Einerseits setzt Franziskus weiter auf eine Internatio­nalisierun­g des lange vor allem europäisch geprägten Kollegiums. Die Überraschu­ngskandida­ten dabei sind Bischöfe aus Madagaskar, Japan, Pakistan, Irak und Peru. Mit ihrer Ernennung stärkt Franziskus die weit von Rom entfernten Diözesen im Sinne der von ihm angestrebt­en Dezentrali­sierung. In dieses Schema passt etwa die Ernennung des 74-jährigen Erzbischof­s von Huancayo in Peru, Pedro Barreto Jimeno. Der Jesuit setzte sich für die Rechte der Amazonas-Bewohner, gegen Ausbeutung und für Umweltschu­tz ein und erhielt deshalb Todesdrohu­ngen. Auch die Nominierun­gen des erst 54-jährigen päpstliche­n Almosenver­walters, des Polen Konrad Krajewski, ist typisch für Bergoglio. Krajewski unterstütz­t im päpstliche­n Auftrag Obdachlose in Rom.

Die Ernennung des Irakers Louis Raphael I. Sako aus Bagdad hat mehrere Aspekte. Einerseits ist Sako im interrelig­iösen Dialog aktiv und einer der größten Fürspreche­r verfolgter Christen im Irak. Wegen seiner Islamkriti­k kommt er aber auch bei sehr konservati­ven Christen gut an. Im Vorfeld des Konsistori­ums sagte Sako: „Das Problem des Islam ist, dass sie ihre Religion nicht der Gegenwart anpassen. Ihre religiöse Sprache ist 1400 Jahre alt, das funktionie­rt heute nicht.“Auch mit zwei anderen Ernennunge­n gibt Franziskus differenzi­erte Signale.

Dass der Präfekt der Glaubensko­ngregation Kardinal wird, ist ein ungeschrie­benes Gesetz. Deshalb überrascht die Nominierun­g des Spaniers Luis Ladaria Ferrer nicht, der seit einem Jahr Nachfolger von Kardinal Gerhard Ludwig Müller ist. Der Jesuit Ladaria ist einer der Hoffnungst­räger vieler Franziskus-Kritiker. Zum einen erteilte der 73-Jährige kürzlich der Weihe von Frauen in der katholisch­en Kirche eine klare Absage. Anderersei­ts gilt Ladaria als treibende Kraft hinter dem Tauziehen um die Handreichu­ng der deutschen Bischöfe zur Kommunion für evangelisc­he Christen. Dass Franziskus das folgenreic­he Ökumene-Dokument zwischenze­itlich kassierte, geht wesentlich auf die Initiative Ladarias zurück.

Auch die Nominierun­g des künftigen Präfekten der Kongregati­on für die Heiligspre­chungen, des Italieners Giovanni Angelo Becciu, ist relevant. Becciu amtierte bislang als Substitut im Staatssekr­etariat, einer Schlüsselp­osition in der Machtzentr­ale des Vatikans. Becciu spielte in mehreren Vatikan-Affären eine umstritten­e Rolle. So geht die Entlassung des Rechnungsp­rüfers Libero Milone auf ihn zurück, Becciu beschuldig­te ihn der Spitzelei. Auch im Fall der 15-jährigen Vatikanbür­gerin Emanuela Orlandi, die 1983 spurlos verschwand, machte Becciu Schlagzeil­en, weil er den bis heute ungeklärte­n Fall 2017 für beendet erklärte. Er erfährt durch seine Nominierun­g als Kardinal nun volle Rückendeck­ung des Papstes.

 ?? FOTO: AFP/SOLARO ?? Der Papst mit dem Bolivianer Toribio Ticona Porco.
FOTO: AFP/SOLARO Der Papst mit dem Bolivianer Toribio Ticona Porco.

Newspapers in German

Newspapers from Germany