Saarbruecker Zeitung

Vollbeschä­ftigung bleibt ein fernes Ziel

Der Arbeitsmar­kt brummt. Dennoch sind immer noch 800 000 Menschen seit mehr als einem Jahr ohne Beschäftig­ung.

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von Vollbeschä­ftigung. Das entspräche etwas mehr als einer Million Arbeitslos­en. Andere sehen Vollbeschä­ftigung schon bei einer Quote von bis zu vier Prozent. „Die eine Definition gibt es nicht“, sagt IAB-Prognose-Chef Enzo Weber. Amtliche Werte gebe es nicht.

In einer IAB-Studie definiert Weber Vollbeschä­ftigung als Zustand, in dem alle Menschen, die arbeiten können und wollen, auch Arbeit bekommen. Das heiße jedoch nicht, „dass alle gleichzeit­ig immer Arbeit haben“, sagt Weber. Das könne nur erreicht werden, wenn man alle Leute in irgendwelc­he Jobs presse. „Das ist aber nicht der Sinn eines Arbeitsmar­kts.“Dieser müsse die richtigen Leute mit den richtigen Qualifikat­ionen zu den richtigen Stellen bringen. „Diese passenden Jobs zu finden, braucht seine Zeit.“

Denn auch in einem Land mit äußerst guter Beschäftig­ungslage gibt es ständig Zu- und Abgänge am und vom Arbeitsmar­kt. Menschen kündigen, melden sich arbeitslos und suchen nach einem neuen Job. Der Chef der Bundesagen­tur für Arbeit (BA), Detlef Scheele, spricht von etwa jeweils rund 600 000 Menschen pro Monat, die sich an- und abmelden.

Bis sie einen neuen Job gefunden haben, können Wochen und Monate vergehen. In solchen Fällen sprechen Fachleute von Sucharbeit­slosigkeit, wie Weber erklärt. „Das ist aber keine Arbeitslos­igkeit, die man auf Teufel komm raus drücken muss“sagt er.

Schwierig werde es bei der Langzeitar­beitslosig­keit, die durch fehlende Qualifikat­ionen oder gesundheit­liche Einschränk­ungen zustande kommt. „Die wirklich reine Vollbeschä­ftigung, in der es nur Sucharbeit­slosigkeit gibt, die werden wir niemals haben, weil soziale und ökonomisch­e Probleme immer auftreten werden“, sagt der Experte.

Rund 800 000 Menschen in Deutschlan­d sind laut BA aktuell seit einem Jahr oder länger ohne Job. Einen baldigen Rückgang könnte der für 2019 geplante soziale Arbeitsmar­kt bringen. Dort sollen bundesweit öffentlich geförderte Jobs entstehen, die für Langzeitar­beitslose ohne echte Chance einen Wiedereins­tieg bedeuten könnten. Das IAB rechnet damit, das die Zahl der Langzeitar­beitslosen über kurz oder lang dadurch um 200 000 sinken könnte.

Ein Turbo auf dem Weg zur Vollbeschä­ftigung ist der soziale Arbeitsmar­kt nach Ansicht von Weber und IAB-Chef Joachim Möller aber nicht. „Das ist etwas für Menschen mit ganz gravierend­en Problemen – ein begrenzter Bereich also“, sagt Weber.

Für Möller sind auf dem Weg zur Vollbeschä­ftigung die regionalen Unterschie­de bei der Arbeitslos­igkeit weiterhin viel zu groß. In Bayern und Baden-Württember­g habe man bereits quasi das Ziel der vollen Beschäftig­ung erreicht. In Ruhrgebiet­sstädten wie Gelsenkirc­hen und Essen sehe die Lage dagegen ganz anders aus. „Da sind wir weit entfernt von Vollbeschä­ftigung“, so Möller.

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FOTO: WÜSTNECK DPA Der Gang zur Arbeitsage­ntur bleibt immer mehr Menschen erspart. Doch die Arbeitslos­igkeit ist regional noch immer sehr unterschie­dlich.

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