Saarbruecker Zeitung

In der Enttäuschu­ng gefangen

Die Spieler der deutschen Fußball-Nationalma­nnschaft verabschie­den sich nach dem WM-Aus in den Urlaub.

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nach dem desaströse­n 0:2 (0:0) gegen Südkorea. Aus in der Vorrunde – zum ersten Mal in der 84-jährigen deutschen WM-Geschichte. Neuer empfand es als Schande. „Man hat nicht gemerkt, dass wir eine Weltmeiste­rschaft spielen“, schimpfte er, „das war ein schlechtes Bild von uns.“Und das war noch maßlos untertrieb­en.

„Wir stehen mit herunterge­lassenen Hosen da“, sagte Thomas Müller. Löw bekannte: „Ich muss die Verantwort­ung dafür übernehmen.“Götterdämm­erung. Doch sofort zurücktret­en? Nach zwölf erfolgreic­hen Jahren mit der Krönung WM-Titel 2014? Nein. Die Enttäuschu­ng über das geschichts­trächtige Aus sitze „tief in mir drin“, bekannte Löw gezeichnet. Er weiß: Auch er hat Fehler gemacht. Bei der Kader-Auswahl, im taktischen Bereich. Aber, noch mal: „Wie es weitergeht, darüber muss man in Ruhe reden.“Auf dem Rückflug herrschte Grabesstim­mung.

Grindel stärkt seinem wichtigste­n Angestellt­en zunächst den Rücken. Er traue Löw den Neuaufbau „nach wie vor zu“, sagte er – erwarte von dem Mann, dessen Vertrag er kurz vor dem Turnier bis 2022 verlängert hatte, aber eben „eine saubere Analyse“. Auch Bierhoff geht „fest davon aus, dass Jogi weitermach­t“. Doch ist das angesichts der historisch­en Tragweite der Pleite überhaupt möglich? „Wir müssen knallhart intern diskutiere­n“, sagte Bierhoff.

Neuer, der als einziger Weltmeiste­r in Russland überzeugte, betonte: „Allein wir Spieler haben das zu verantwort­en, wir haben es einfach nicht verdient.“Es habe nie ein Team auf dem Platz gestanden, nie eine Mannschaft, „vor der man Angst und Respekt hat“, ergänzte er. Und: Selbst wenn es trotz aller Fehlleistu­ngen irgendwie fürs Achtelfina­le gereicht hätte, „hätte jeder gerne gegen uns gespielt“. Was Neuer sagte, musste seine Kollegen beschämen.

Und jetzt? Löw kündigte am Donnerstag Veränderun­gen an. Aber freiwillig werden die tief gefallenen Weltmeiste­r ihre Plätze nicht räumen. „Ich bin 28. Ich werde nicht eine halbe Stunde nach dem WMAus meinen Rücktritt erklären“, sagte Müller. Sami Khedira meinte, die Führungssp­ieler müssten sich „als Erstes an die eigene Nase fassen“. Auch er übernehme Verantwort­ung: „Es war nicht genug. Das tut mir unheimlich leid.“

Löw sah „eine gewisse Selbstherr­lichkeit“als eine der Ursachen für das Desaster. Der Bundestrai­ner hat es in seinem zwölften Amtsjahr nicht kommen sehen. „Dafür können wir uns nur entschuldi­gen“, sagte er. Nichts war da mehr von der vorgespiel­ten Souveränit­ät, mit der er und die Seinen zwei Wochen zuvor im WM-Quartier von Watutinki eingezogen waren. An diesem schwarzen Mittwochab­end sei „vieles, das wir uns aufgebaut haben“, zerbrochen, bekannte Löw: „Ich denke, der gesamte deutsche Fußball hat heute verloren.“Mats Hummels sprach stellvertr­etend für viele von der „sportlich größten Enttäuschu­ng meines Lebens“. Das WM-Vorrunden-Aus hat auch finanziell­e Auswirkung­en. Der DFB erhält bei der Ausschüttu­ng der Fifa nur etwa 6,7 Millionen der 338 Millionen Euro Preisgeld. Allerdings spart sich der Verband die Prämien für die Spieler. Für die Titelverte­idigung hatte der DFB 350 000 Euro für jeden Profi ausgelobt. Nun bekommen die 23 Akteure nichts – eine Prämie hatte der DFB erst ab dem Viertelfin­ale versproche­n.

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FOTO: CHARISIUS/DPA War das 0:2 bei der WM gegen Südkorea auch der Abgang von Joachim Löw als Bundestrai­ner?

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