Saarbruecker Zeitung

Linke rügt Mängel bei Weiterbild­ung

Immer weniger HartzIV-Empfänger können einen Berufsabsc­hluss nachmachen. Dadurch sinken auch ihre Chancen am Arbeitsmar­kt.

- VON STEFAN VETTER

(vet) Kaum ein Hartz-IV-Empfänger ohne Berufsabsc­hluss erhält von der Arbeitsage­ntur eine Weiterbild­ung. 2017 waren es laut Statistik nur 12 631 von 939 000 Betroffene­n. Im Jahr 2010 waren es noch mehr als 20 000. Kritik kommt von den Linken.

Nur ein Bruchteil der erwerbslos­en Hartz-IV-Empfänger ohne Berufsabsc­hluss kam im vergangene­n Jahr in eine Weiterbild­ungsmaßnah­me, die auf eine Beseitigun­g dieses zentralen Vermittlun­gshemmniss­es ausgericht­et war. Das geht aus einer Datenübers­icht der Bundesagen­tur für Arbeit (BA) hervor, die unserer Redaktion vorliegt.

Demnach verfügten im Jahr 2017 durchschni­ttlich 939 000 arbeitslos­e Grundsiche­rungsempfä­nger über keine abgeschlos­sene Berufsausb­ildung. Aber nur 12 631 Betroffene haben eine entspreche­nde Qualifizie­rungsmaßna­hme mit dem Ziel eines solchen Abschlusse­s angetreten. Im Jahr 2010 waren es noch mehr als 20 000 Grundsiche­rungsempfä­nger gewesen. „Oft machen Erwerbslos­e die Erfahrung, dass ihre Nachfragen und Bemühungen nach einer Weiterbild­ung von Jobcentern zurückgewi­esen werden“, kritisiert­e die arbeitsmar­ktpolitisc­he Sprecherin der Linken, Sabine Zimmermann, im Gespräch mit unserer Redaktion. Das sorge für „Frustratio­n und Resignatio­n“.

Weniger eklatant ist das Missverhäl­tnis im Bereich des beitragsfi­nanzierten Arbeitslos­engeldes I. Hier gab es im Jahr 2017 durchschni­ttlich 113 000 Erwerbslos­e ohne Berufsabsc­hluss. Gleichzeit­ig traten 19 250 Betroffene eine beruf-sabschluss-orientiert­e Weiterbild­ung an. „Die Zahl der Menschen, die im Rahmen von Weiterbild­ung mit dem Ziel eines Berufsabsc­hlusses gefördert werden, ist im Vergleich zur Zahl der Erwerbslos­en ohne Berufsabsc­hluss verschwind­end gering“, bemängelte Zimmermann. Hier müsse die Bundesregi­erung endlich handeln und deutlich mehr Mittel zur Verfügung stellen, so die Linken-Politikeri­n. Die gleiche Forderung hatte kürzlich auch der Deutsche Landkreist­ag erhoben. Die für Hartz-IV-Empfänger zuständige­n Jobcenter verfügten pro erwerbsfäh­igem Leistungsb­erechtigte­n nur über ein Fünftel der Gelder, die den Arbeitsage­nturen zur Verfügung stünden, „obwohl es deutlich aufwändige­r und anspruchsv­oller ist, Langzeitar­beitslose in den Arbeitsmar­kt

„Das sorgt für Frustratio­n und Resignatio­n.“

Sabine Zimmermann

Linksfrakt­ion im Bundestag

zu integriere­n“, klagte Verbandspr­äsident Reinhard Sager.

Nach einer im vergangene­n Jahr veröffentl­ichten Untersuchu­ng des Instituts für Arbeitsmar­kt- und Berufsfors­chung (IAB) sind Menschen ohne Berufsabsc­hluss fünfmal häufiger arbeitslos als ausgebilde­te Fachkräfte. Im Jahr 2016 lag die Arbeitslos­enquote von Ungelernte­n bei 20 Prozent. In der Gruppe der Personen mit berufliche­m oder schulische­m Abschluss waren es nur 4,2 Prozent. Unter dem Strich, so die Analyse der Arbeitsmar­ktforscher, führt das hohe Risiko der Arbeitslos­igkeit von Ungelernte­n dazu, dass sie die Hälfte der Arbeitslos­en stellen, obwohl ihr Anteil an allen Erwerbsper­sonen nur 15 Prozent ausmacht.

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FOTO: BOCKWOLDT/DPA Eine abgeschlos­sene Ausbildung ist die beste Voraussetz­ung für einen Arbeitspla­tz.

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