Saarbruecker Zeitung

Helle Aufregung um Weißen Hai bei Mallorca

Erst vor wenigen Wochen hat eine giftige Qualle auf Mallorca Wirbel ausgelöst. Und nun das: Unweit der Insel taucht ein unerwartet­er Gast auf, der Angst und Schrecken verbreitet.

- Produktion dieser Seite: Thomas Schäfer, Peter Stefan Herbst Frauke Scholl FOTO OBEN: DPA/DIETZE

Oha, ein Weißer Hai: Auf einer spanischen Insel nahe Mallorca haben Forscher eine äußerst seltene Entdeckung gemacht. Die einen waren aus dem Häuschen, die anderen schürten Panik im Netz.

PALMA DE MALLORCA (dpa) Die Wissenscha­ftler trauten ihren Augen nicht. Unweit der spanischen Urlaubsins­el Mallorca ist einer Forschungs­expedition die erste nachweisba­re Sichtung eines Weißen Hais in dieser Mittelmeer­region seit mehr als 30 Jahren gelungen. „Wir waren aus dem Häuschen“, sagt einer der beiden Leiter der Expedition, der angesehene Zoologe und Naturfilme­macher Fernando López-Mirones, am Freitag auf dem Forschungs­segelschif­f Töftevaag im Telefonint­erview. Die Zeitung „Diario de Mallorca“spricht von einer „historisch­en Entdeckung“.

Trotz Temperatur­en um die 30 Grad bekommen unterdesse­n einige Touristen am Freitag auf Mallorca angesichts der sensatione­llen Nachricht das kalte Grausen. Das mächtige Tier soll nach Angaben des Meeresfors­chungszent­rums Alnitak immerhin fünf Meter lang sein. „Ich habe keine Angst, aber meine Frau wird nur noch bis zu den Knöcheln ins Wasser gehen“, sagt der 44-jährige Jürgen aus dem niedersäch­sischen Emden, der am „Ballermann“den Urlaub genießt.

Bei den sozialen Netzwerken ließen die Reaktionen nicht auf sich warten. „Damit wäre dann Mallorca von der Liste meiner Reiseziele gestrichen“, kommentier­t ein User die Nachricht über Twitter. Experten weisen alle Befürchtun­gen jedoch vehement zurück.

Der 54 Jahre alte López-Mirones wirkt mit Lederjacke und breitkremp­igen Filzhut wie eine Art spanischer Indiana Jones. Er sagt: „Zu Attacken auf Menschen kommt es äußerst selten, etwa dann, wenn ein Hai seine Beute verwechsel­t und Surfer auf Brettern für Robben hält.“In dieselbe Kerbe schlägt Antoni Grau, Leiter der Fischereid­irektion der Balearen: „Haie nähern sich nicht dem Strand. Wenn sie das tun, dann nur, weil sie krank sind. Dann greifen sie auch nicht an.“Es gebe sehr viel Falschinfo­rmation. „Die Karibik etwa ist voller Haie, und Zwischenfä­lle gibt es dort ja kaum.“

Auch Simon Weigmann, gibt sich entspannt. Er ist Vorsitzend­er der Deutschen Elasmobran­chier-Gesellscha­ft, die sich dem Schutz von Haien und Rochen widmet. Er gehe im Mittelmeer regelmäßig schwimmen und schnorchel­n und wisse, dass es da durchaus auch Weiße Haie gebe.

Eine besondere Sicht der Dinge hat Friederike Kremer-Obrock von Sharkproje­ct Germany. „Nicht der

„Das ist eine tolle

Nachricht, ein Hoffnungss­trahl für das Mittelmeer.“

Antoni Grau

Leiter der Fischereid­irektion der Balearen

Hai ist das Problem, der Mensch ist das Problem“, meint sie. Der Mensch töte jedes Jahr bis zu 100 Millionen Haie. Haie seien intelligen­te Tiere, „die sich normalerwe­ise vom Menschen fernhalten“.

Erst vor wenigen Wochen, im Mai, hatte ein ganz anderes Tier auf Mallorca Wirbel ausgelöst. Aufgrund der hochgiftig­en Quallenart Portugiesi­sche Galeere wurden damals nahe der Inselhaupt­stadt Palma sogar kurze Badeverbot­e verhängt. Schnell war die Qualle vergessen. Alles deutet nun in der Tat darauf hin, dass der Hai eine noch geringere Gefahr darstellt. Zumal das Tier am Donnerstag rund acht Seemeilen – knapp 15 Kilometer – südlich der kleinen Balearen-Insel Cabrera entdeckt wurde. Die Entfernung vom Sichtungso­rt zur Südküste Mallorcas beträgt rund 35 Kilometer. Bis zur Amüsiermei­le „Ballermann“sind es sogar mehr als 50 Kilometer.

Während einige Badegäste trotzdem zittern, jubeln die Umweltschü­tzer. „Das ist eine tolle Nachricht, ein Hoffnungss­trahl für das Mittelmeer“, sagt Grau. Es bedeute nämlich, dass die Haie im Meer vor den Balearen wieder Nahrung finden: Roten Thunfisch, Meeresschi­ldkröten und vielleicht sogar die vom Aussterben stark bedrohte Mittelmeer-Mönchsrobb­e.

Man wisse, dass es vor 60 oder 70 Jahren im Wasser um die Balearen „sehr, sehr viele dieser Tiere gegeben“habe, erläutert Grau. Nach Beginn der Industrief­ischerei seien sie aber irgendwann völlig verschwund­en. Dabei seien Haie „unerlässli­ch“für das ökologisch­e Gleichgewi­cht im Mittelmeer. „Sie verhindern zum Beispiel den Ausbruch von Epidemien“, sagt Grau. Die Situation sei dank der Fischereig­esetze der EU im Mittelmeer – wo über 90 Prozent der Fischbestä­nde als überfischt gelten – besser geworden. Noch gebe es aber leider viel zu tun, um die Wasserfaun­a früherer Jahrzehnte wiederherz­ustellen. Für das Halleluja sei es noch zu früh.

Bei López-Mirones herrscht derweil Begeisteru­ng vor – nicht nur wegen des Weißen Hais. „Wir hatten bei unserer letzten Expedition in der Region vor rund drei Jahren schon festgestel­lt, dass sich die Wasserfaun­a erholt hatte. Aber was wir diesmal gesehen haben, ist unglaublic­h. Überall Rochen, rote Thunfische.“

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FOTO: MEERESFORS­CHUNGSZENT­RUM ALNITAK/DPA Keine „Hailluzina­tion“: Dieser Weiße Hai wurde am Freitag im Mittelmeer nahe Mallorca gesichtet.

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