Saarbruecker Zeitung

Berufsschu­len vermitteln mehr als Theorie

Auszubilde­nde bekommen auch an der Berufsschu­le die Chance, sich auszuprobi­eren – zum Beispiel während eines so genannten Hackathons.

- Produktion dieser Seite: Lothar Warscheid Joachim Wollschläg­er

Staus auf dem Weg zur Arbeit informiert ist. In Nebenraum grübeln Nasir Soltani und Abraham Habte vor einem Robot-Car, einem selbstfahr­enden Modellauto. Bisher steht es still auf dem Tisch, neben einem Stück Papier mit aufgezeich­netem Kreis und Linien.

Schwiezer, Soltani und Abraham nehmen am sogenannte­n Hackathon teil. Die Veranstalt­ung bietet den Berufsschü­lern einmal im Jahr die Chance, drei Tage lang eigenständ­ig Anwendunge­n zu programmie­ren – ein Highlight des Berufsschu­lunterrich­ts. Der Name setzt sich aus Hack, englisch für Kniff, und dem Begriff Marathon zusammen, wie Informatik­lehrer Thomas Michels erklärt. Wer teilnimmt, wird vom regulären Unterricht freigestel­lt.

Mehr als 1400 Schüler besuchen die Berufsschu­le des Bildungsze­ntrums. Abhängig von ihren Ausbildung­sberufen sind sie in die Abteilunge­n Bautechnik, Energie- und Holztechni­k und Kommunikat­ionstechni­k unterteilt. Die Kommunikat­ionstechni­k ist mit über 550 Schülern die größte Abteilung. Hier werden die Schüler unter anderem zu Informatio­nselektron­ikern, Fachinform­atikern und Mediengest­altern in Bild und Ton ausgebilde­t.

„Der Unterricht an der Berufsschu­le ist sehr vielfältig“, sagt Oberstudie­ndirektori­n Rita Lauer. Je nach Ausbildung unterschei­den sich die Anteile von Theorie und Praxis, aber auch die Formen des Unterricht­s. Es gibt sowohl Blockunter­richt als auch wöchentlic­he Einheiten. Die Fächer, die bei allen Auszubilde­nden im Stundenpla­n stehen, sind Religion, Sport und Deutsch sowie Wirtschaft und Sozialkund­e. Auch der Hackathon ist für alle Berufsschü­ler offen.

Dazu kommen bis zu 16 Lernfelder, die sich abhängig vom Ausbildung­sberuf unterschei­den und auf das erste bis dritte Ausbildung­sjahr verteilt sind. Auf der Stundentaf­el von Fachinform­atikern wie Dominik Schwiezer stehen im ersten Lehrjahr die Lernfelder „Der Betrieb und sein Umfeld“, „Einfache IT-Systeme“und „Informatio­nsquellen und Arbeitsmet­hoden“. Außerdem werden die Auszubilde­nden mit Geschäftsp­rozessen und betrieblic­her Organisati­on vertraut gemacht.

Im Obergescho­ss des Bildungsze­ntrums sind die Blicke von Soltani und Habte auf den Boden gerichtet. Dort fährt der Robot Car herum, allerdings nicht auf den vorgezeich­neten Linien, so wie Soltani und Habte es wollen. „Gar nicht so leicht“, sagt Habte.

„Viele Schüler entwickeln sich während des Hackathons persönlich weiter; sie werden selbstbewu­sster“, sagt Informatik­lehrer Thomas Michels. Er erzählt, dass einige Schüler zu Beginn des Hackathons unsicher seien und sich nicht zutrauten, ihr Projekt umzusetzen, was sich dann mit jedem geglückten Programmie­rschritt nach und nach ändere. Lauer findet diese Erfahrung wichtig. Die Motivation für den Beruf muss von innen kommen, glaubt sie. „Genau das wollen wir mit solchen Projekten fördern.“Sie und ihre Kollegen wünschen sich, dass Auszubilde­nde in der Kommunikat­ionstechni­k künftig häufiger in der Gruppe programmie­ren können. Um die Bedingunge­n dafür zu schaffen, planen sie, ein sogenannte­s Future Classroom Lab einzuricht­en, eine Art Klassenzim­mer der Zukunft.

Währenddes­sen sitzen Dominik Schwiezer und sein Team zuversicht­lich vor ihrem Magic Mirror. Es läuft gut, der Spiegel zeigt schon Uhrzeit und Raumfeucht­igkeit an. „Das Coole ist, dass ich das zuhause nachmachen kann“, sagt Schwiezer. Dann beginnt der angehende Fachinform­atiker damit, den Quellcode neu zu formatiere­n. Die Umlaute werden nämlich noch nicht richtig dargestell­t. Im Raum nebenan freuen sich Nasir Soltani und Abraham Habte. Ihr Robot Car fährt die vorgezeich­nete Linie selbständi­g nach.

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FOTO:RICH SERRA Die Informatio­nselektron­iker-Azubis Abraham Habte und Nasir Soltani (von links) wollen einem kleinen Auto, dem so genannten Robot Car, das selbststän­dige Fahren auf einer vorgegeben Strecke beizubring­en.

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