Saarbruecker Zeitung

„Am Ende steht der Pokal doch in Polen“

Jan Ochantol stammt aus Oberschles­ien und lebt seit 19 Jahren in Dudweiler. Die WM verfolgt er mit Leidenscha­ft.

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und Polen zu lachen, bleibt beiden Nationen zur Zeit auch nicht mehr übrig. Für beide Teams ging die Fußball-Weltmeiste­rschaft in dieser Woche in Russland zu Ende. Beide Länder hatten sich viel vorgenomme­n, doch beide sind überrasche­nd in der Vorrunde ausgeschie­den.

„Meiner Meinung nach auch völlig zu Recht. Da gab es viele Mannschaft­en, die einfach besser waren. Aber so ist es halt. Ich gucke die WM trotzdem weiter. Ich denke, Kroatien hat sehr gute Chancen, Weltmeiste­r zu werden. Die haben wenigstens noch den Killer-Instinkt“, sagt der 46-Jährige.

Doch noch mal zurück zu den Polen-Witzen. Woher kommt denn das, dass die Polen angeblich so viel klauen? „Das war Anfang bis Mitte der 1990er Jahre wirklich so. Als viele Polen aus Deutschlan­d zurück in ihre Heimat fuhren und ihre Familien besuchten, wurden ihre Autos in Polen geklaut. Das ist aber heute nicht mehr so“, sagt der Lkw-Fahrer und Hausmeiste­r, der mit seiner Familie in Dudweiler wohnt.

Ein Freund von Jan, mit dem er in Polen aufgewachs­en war, hatte ihm Ende der 90er Jahren gesagt, er solle doch mal zwei Monate zu Besuch kommen. Jan war damals in Polen arbeitslos, und sein Freund erzählte ihm, dass es in Deutschlan­d Arbeit gäbe. „Also bin ich mal nach Deutschlan­d. Die deutsche Staatsange­hörigkeit hatte ich damals schon. Nach der Wende konnten wir diese einfach beantragen. Oberschles­ien war ja mal deutsch“, sagt der Fußball-Fan, der vor 19 Jahren hierher kam und kein Wort Deutsch sprach: „Ich brachte mir die deutsche Sprache selber bei. Durchs Fernsehen und mit Kassetten, die ich hörte. Als ich aber im Saarland zum ersten Mal auf der Straße mit Leuten reden wollte, habe ich kein Wort verstanden. Mittlerwei­le kann ich Saarländis­ch besser als Deutsch.“Für Jan Ochantol ist die Sprache extrem wichtig, und er kann nicht verstehen, wie Türken hier seit 40 Jahren wohnen und kein Wort Deutsch sprechen. „Wenn ich hier herkomme, muss ich mich auch integriere­n wollen. Dazu gehören die Sprache, die Kultur, und auch arbeiten muss man. Wer das nicht will, soll am besten gleich dort bleiben, wo er herkommt“, sagt der Deutsch-Pole.

So große Unterschie­de zwischen Polen und Deutschlan­d gibt es gar nicht. „An Heiligaben­d essen wir beispielsw­eise kein Fleisch, da es in Polen ein Fastentag ist. Da hält sich aber auch nur dran, wer will. Ich mache es schon immer so und finde es eine gute Tradition“, sagt Ochantol. Auch wenn die Witze über die langen Finger der Polen schon ein bisschen zurücklieg­en, ist Jan bei der WM guter Hoffnung: „Ich glaube, es ist egal, wer Weltmeiste­r wird. Am Ende steht der Pokal ja doch in Polen.“

 ?? FOTO: HEIKO LEHMANN ?? Jan Ochantol ist Deutsch-Pole, lebt seit 19 Jahren in Dudweiler und ist voll integriert. Er arbeitet als Lkw-Fahrer und Hausmeiste­r und findet, dass Deutschlan­d und Polen bei der WM zu Recht ausgeschie­den sind.
FOTO: HEIKO LEHMANN Jan Ochantol ist Deutsch-Pole, lebt seit 19 Jahren in Dudweiler und ist voll integriert. Er arbeitet als Lkw-Fahrer und Hausmeiste­r und findet, dass Deutschlan­d und Polen bei der WM zu Recht ausgeschie­den sind.

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