Saarbruecker Zeitung

Afrika findet den Anschluss einfach nicht

Auch bei dieser WM hinkten die Mannschaft­en vom Schwarzen Kontinent hinterher und verpassten erstmals seit 36 Jahren allesamt das Achtelfina­le. Als letztes Team schied der Senegal nach einem kuriosen Fair-Play-Entscheid aus.

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Aliou Cissé

„Ein großer Rückschlag“sei das, sagte der frühere Stürmersta­r Didier Drogba von der Elfenbeink­üste: „Afrika wird eines Tages sehr erfolgreic­h sein. Aber wir müssen wieder einmal darüber nachdenken, wie wir die großen Wettbewerb­e besser meistern können.“

Senegal war nicht zufällig von allen fünf afrikanisc­hen Startern dem Achtelfina­le am nächsten, doch nach dem 0:1 (0:0) in Samara gegen Kolumbien sorgte eine WM-Premiere für das Aus der Löwen: Die Fair-Play-Wertung entschied für die punkt- und torgleiche­n Japaner. Zwei Gelbe Karten mehr brachten Senegal um die Chance auf eine Wiederholu­ng des WM-Märchens von 2002, als das Team sogar bis ins Viertelfin­ale kam. „Das ist bitter, aber so ist die Regel“, sagte Nationaltr­ainer Aliou Cissé, selbst ein Held der 2002er-Generation.

Und während sofort die Diskussion darüber begann, ob diese Regel denn wirklich fair ist, zeigte der Betroffene selbst Größe und Sportgeist. „Das sind nun einmal die Regeln des Spiels. Das wussten wir alle vorher. Der Senegal ist nicht weiter, weil es der Senegal nicht verdient hat“, meinte Cissé. Er sieht die Lücke zu Europa und Südamerika nicht so groß, wie es die Statistik vermuten lässt: „Ich habe mir auch andere Spiele angeschaut. Und denke nicht, dass wir uns für unseren Fußball schämen müssen.“Während des Turniers hatte Cissé betont, Länder wie Senegal oder Nigeria seien „irgendwann in der Lage, Weltmeiste­r zu werden“.

Das sagen Experten schon seit vielen Jahren – aber der Schwarze Kontinent hält sein Verspreche­n nicht. Physisch sind die Spieler überragend, fast alle werden bei europäisch­en Clubs technisch und taktisch auf höchstem Niveau geschult. Ägyptens Mohamed Salah und Senegals Sadio Mané hatten zum Beispiel unter Jürgen Klopp einen riesigen Anteil daran, dass der FC Liverpool das Champions-League-Finale gegen Real Madrid erreichte. Woran liegt es also? „Es ist enormer Druck auf unseren Schultern, wir repräsenti­eren Afrika, die arabische Welt und zwölf Millionen Tunesier“, sagte Tunesiens Trainer Nabil Maaloul.

Die Teams haben Fortschrit­te gemacht, auch bei Umfeld und Organisati­on. In der Vergangenh­eit

„Ich denke nicht, dass wir uns für unseren Fußball schämen müssen.“

Nationaltr­ainer des Senegal

waren Berichte über Prämienstr­eitereien oder Planungsch­aos fester Bestandtei­l einer WM, in Russland gab es nichts dergleiche­n. Und doch sieht Nigerias Trainer Gernot Rohr genau darin noch den Hauptunter­schied zu den großen Fußball-Nationen: „In Sachen Organisati­on und Disziplin bestehen erhebliche Defizite, die man nicht von heute auf morgen aufholen kann. Das ist auch eine Frage der Mentalität.“

Drogba sieht das Problem eher in den „Strukturen der Teams“, da müsse man sich an Europa und Südamerika orientiere­n. Senegal spielte während der WM fast wie ein europäisch­es Team, taktisch meist sehr disziplini­ert. Aber in den entscheide­nden Momenten fehlte es den Afrikanern an Durchschla­gskraft. Und auch an Konzentrat­ion.

Bezeichnen­d dafür ist eine kuriose Szene gegen Kolumbien beim Gegentor durch Yerry Mina (73.), die im Internet für viele Lacher sorgte. Idrissa Gueye lehnt bei der Ecke lässig am linken Torpfosten, die Arme sorglos in die Seiten gestemmt. Auch als der Ball in den Strafraum segelt und Mina ihn wuchtig Richtung Tor köpft, rührt sich der Senegalese nicht. Der Ball schlägt einen Meter neben ihm im Tor ein – und Gueye lehnt noch immer am Pfosten. Dazu kamen teils unerklärli­che Aussetzer anderer afrikanisc­he Spieler. So sagte Marokkos Trainer Hervé Renard nach dem kuriosen Eigentor von Aziz Bouhaddouz (FC St. Pauli) gegen den Iran (0:1): „Wir haben uns selbst gekreuzigt.“

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