Saarbruecker Zeitung

2018 gibt es besonders viele Zecken

Die Zahl der Blutsauger wird in diesem Jahr einen neuen Rekordwert erreichen, warnt das Zentrum für Infektions­forschung.

- VON PETER BYLDA

Das Deutsche Zentrum für Infektions­forschung (DZIF) warnt vor einem Zeckensomm­er. In den kommenden Wochen werde es so viele dieser Blutsauger geben, wie schon lange nicht mehr. Damit wachse auch die Gefahr, an Hirnhauten­tzündung (FSME) oder Borreliose zu erkranken, erklärt Privatdoze­nt Dr. Gerhard Dobler vom Institut für Mikrobiolo­gie der Bundeswehr in München. „Wir werden die höchste Zahl an Zecken in den vergangene­n zehn Jahren haben.“

Im DZIF sind bundesweit 35 wissenscha­ftliche Zentren zusammenge­schlossen, darunter auch das Institut der Bundeswehr. Seit 2009 untersuche­n dort Wissenscha­ftler die zunehmende Verbreitun­g des FSME-Virus. Sie ermitteln die Zahl der Zecken und die Quote infizierte­r Tiere auf einem Testgeländ­e von der Größe eines Fußballfel­des im Landkreis Amberg. Es gilt als typisch für das ganze Land. „Wenn wir hier viele Zecken haben, dann haben wir diese hohen Zahlen auch anderswo im süddeutsch­en Raum“, erklärt Dobler.

Zusammen mit Wissenscha­ftlern der Veterinärm­edizinisch­en Uni Wien haben die Biologen auf der Basis des bayerische­n Zecken-Zensus, von Wetterdate­n und biologisch­en Parametern aus zwei Jahren ein Computermo­dell der Zeckenprog­nose entwickelt. Es arbeite mittlerwei­le so genau, dass sie die Vorhersage wagen, es werde 2018 die zweieinhal­bfache Zahl an Zecken wie im vergangene­n Jahr geben. Dobler: „Wir haben die höchste Zahl von Zecken, die wir seit Beginn der Untersuchu­ngen gesammelt haben – gut für die Zecken, schlecht für uns.“Und die biologisch­en Parameter des Rechenmode­lls deuteten auf die Möglichkei­t hin, dass es bei entspreche­nder Witterung auch im Jahr 2020 wieder zu einer solchen Zeckenplag­e kommen könnte.

Zecken, meist ist damit der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) gemeint, lauern zehn bis 50 Zentimeter über dem Boden auf den Spitzen von Grashalmen, auf krautigen Pflanzen oder Buschwerk. Höher als einen Meter krabbeln sie selten. Im Frühling und Frühsommer attackiere­n meist nicht ausgewachs­ene Zecken, sondern jugendlich­e Tiere (Nymphen). Ausgewachs­ene Zecken lauern im Herbst oder sogar an wärmeren Wintertage­n auf eine Möglichkei­t zum Blutsaugen. Sie warten darauf, dass sie ein Tier oder ein Mensch abstreift. Zecken fallen nicht von Bäumen und können auch nicht springen, erklärt das Robert-Koch-Institut (Berlin). Doch schon von den nur millimeter­großen Nymphen droht Gefahr, denn die Blutsauger können mit ihrem Speichel das Virus der Frühsommer-Me- ningoenzep­halitis (FSME) übertragen, die Hirnhauten­tzündung kann im allerschli­mmsten Fall tödlich enden.

Das Epidemiolo­gische Bulletin des Berliner Robert-Koch-Instituts liefert eine Art Lageberich­t zur Zeckengefa­hr in Deutschlan­d. Zu den Risikogebi­eten zählen danach flächendec­kend Süddeutsch­land und Teile der nördlichen Bundesländ­er. Dazu kommen der Saarpfalz-Kreis, der Landkreis Birkenfeld und aus ungeklärte­n Gründen der Landkreis Marburg-Biedenkopf. Allerdings ist das Risiko, dass nach einem Zeckenstic­h das Virus übertragen wird, relativ gering. Nach Schätzunge­n des RKI sind in Risikogebi­eten maximal fünf Prozent der Tiere infiziert. Gerhard Dobler geht davon aus, das bei den Jungtieren 0,5 bis ein Prozent infiziert ist, bei ausgewachs­enen Zecken zwischen zwei und fünf Pro- zent. Vor der Hirnhauten­tzündung schützt eine Impfung. Sie empfiehlt das Zentrum für Infektions­forschung im süddeutsch­en Raum. Hier ist die Zahl der infizierte­n Zecken am höchsten.

Auch der Erreger der Borreliose, ein Bakterium, kann vom Gemeinen Holzbock in ganz Deutschlan­d über- tragen werden. Das Risiko ist deutlich höher, nach Angaben des Robert-Koch-Instituts sind bis zu 30 Prozent der Tiere infiziert. Auch hier gelte, dass der Stich einer infizierte­n Zecke nicht automatisc­h zur Infektion führt, so das RKI. Insgesamt sei bei bis zu 1,4 Prozent der Zeckenstic­he mit Krankheits­symptomen zu rechnen. Wenn eine Zecke zubeißt, sucht sie sich of Haaransatz, Ohren, Hals, Achseln, Ellenbeuge, Bauchnabel, Genitalber­eich oder Kniekehle aus. Den besten Schutz biete geschlosse­ne Kleidung, so das RKI. In der Sommerhitz­e ist das schwierig, deshalb gibt es chemische Mittel zum Zeckenschu­tz, doch die wirken nicht unbegrenzt. Am sichersten sei es, den Körper nach einem längeren Aufenthalt im Freien gründlich abzusuchen. Duschen sei eine Möglichkei­t, um eine Zecke, die noch nicht zugestoche­n hat, abzuwasche­n. Wer eine Zecke entdecke, müsse sie so schnell wie möglich entfernen. Das vermindere die Infektions­gefahr. Denn nach dem Stich könne es bis zu 48 Stunden dauern, bis der Erreger der Borreliose übertragen werde, erklärt das RKI. www.rki.de/SharedDocs/FAQ/ FSME/Zecken/Zecken.html

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FOTO: STEGER/IMMUNO So sieht der Gemeine Holzbock unter dem Elektronen­mikroskop aus. Die Tiere können mit ihrem Stich eine Reihe von Krankheits­erregern übertragen.

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