Saarbruecker Zeitung

Häuser auf dem Land schwer verkaufbar

Wohnungsno­t in der Stadt, Entspannun­g auf dem Land? Auch in der fernen Provinz werden die Immobilien­preise allmählich zum Problem.

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dort zum Studieren und Arbeiten in die Städte. Daheim schließen Grundschul­en, Banken, Supermärkt­e und Arztpraxen. Schrumpfen - das ist längst nicht mehr nur ein Problem im Osten, sondern auch in Westdeutsc­hland, sagt der Soziologe Rolf Heinze. „In diesen Dörfern erodiert die Mitte der Gesellscha­ft.“

Und es erodieren Lebensplän­e der Älteren, die zurückblei­ben, weil sie ihr Haus nicht mehr loswerden, wie Heinze erklärt. „Die Hoffnung war bei vielen: Ich verkaufe mein Haus für 200 000 Euro und kaufe mir eine Wohnung in der nächsten Stadt.“Das funktionie­re gut in Städten wie Münster, aber nicht etwa in Regionen wie dem Südharz.

Im Osten bekämen die Bewohner nach Jahren der Arbeitslos­igkeit zudem oft kein Geld von der Bank, um ihr Haus für das Alter umzubauen. Der Bochumer Professor folgert: „In einer ungünstige­n Region ist eine Immobilie als Altersvors­orge nicht zu empfehlen.“

Seit Jahren wächst die Kluft auf dem Immobilien­markt. „Sie haben Märkte, die haben seit 2010 Preissteig­erungen von 80 und 90 Prozent und sie haben Märkte, da ist praktisch gar nichts passiert“, bilanziert Franz Eilers, Immobilien­experte von vdp research, eine Einrichtun­g von Pfandbrief­banken und Volks- und Raiffeisen­banken. Berücksich­tige man die steigenden Verbrauche­rpreise, haben nach seiner Analyse auf dem Land viele Häuser und Wohnungen in den vergangene­n Jahren real

„In einer ungünstige­n Region ist eine Immobilie als Altersvors­orge

nicht zu empfehlen.“

Professor Rolf Heinz an Wert verloren. In München kann ein Bauplatz 100-mal so viel kosten wie in Teilen Ostdeutsch­lands, wo mancherort­s jede zehnte Wohnung leersteht. Wer in Bayerns Hauptstadt eine Wohnung mietet, zahlte nach Daten des Bonner Bundesinst­ituts für Bau-, Stadt- und Raumforsch­ung vergangene­s Jahr 16,65 Euro je Quadratmet­er – in Wunsiedel im Fichtelgeb­irge und in Holzminden im Weserbergl­and waren es 4,50 Euro.

Manche Kleinstadt-Bürgermeis­ter verschärfe­n nach Expertenme­inung den Preisverfa­ll. „Wir bauen zu viel auf dem Land“, sagt Ralph Henger, Volkswirt am arbeitgebe­rnahen Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Mit Bauland zu Dumpingpre­isen lieferten sich schrumpfen­de Gemeinden einen ruinösen Wettbewerb. Jedes dritte Neubaugebi­et sei langfristi­g unwirtscha­ftlich. Das geplante Baukinderg­eld werde die Zersiedelu­ng noch verstärken.

Besser sei es, wenn Städte Familien fördern, die in leerstehen­de Häuser im Ortskern ziehen oder an deren Stelle neu bauen. Einige Gemeinden in Bayern, Baden-Württember­g, Niedersach­sen und Nordrhein-Westfalen probierten dies bereits. Vereine und Initiative­n, die historisch­e Häuser in Ortskernen retten, sollten durch Bürgerfond­s unterstütz­t werden. Soziologe Heinze rät den älteren Hausbesitz­ern auf dem Land, mehr an sich selbst zu denken. Noch gehe es der Älteren-Generation finanziell besser als jeder anderen zuvor. Doch die wenigsten nutzen den Spielraum, um ihre schwer verkäuflic­hen Häuser so zu gestalten, dass sie darin möglichst lange leben können. „Die meisten geben eher dem missratene­n Enkel Geld fürs neue Auto, als die eigene Wohnung umzubauen.“

Ruhruniver­sität Bochum

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FOTO: LANDKREIS SÜDWESTPFA­LZ Für die Sanierung alter Häuser auf dem Land gibt es in manchen Regionen Zuschüsse.

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