Saarbruecker Zeitung

Massive Kritik an Lafontaine­s Ideen für Halberg Guss

Staatsrech­tler Christoph Gröpl hält die Forderung Lafontaine­s nach einer Enteignung von Halberg Guss für abwegig. Das sei juristisch nicht möglich.

- VON LOTHAR WARSCHEID Produktion dieser Seite: Joachim Wollschläg­er Lothar Warscheid

(low) Auf harsche Kritik ist die Forderung des Vorsitzend­en der Linksfrakt­ion im Saar-Landtag, Oskar Lafontaine, gestoßen, die Motorblock-Gießerei Neue Halberg Guss (NHG) zu enteignen. Der Saarbrücke­r Staatsrech­tler Christoph Gröpl hält diesen Vorstoß für einen „Popanz“. Eine Enteignung sei nur unter sehr eingeschrä­nkten Voraussetz­ungen möglich und die seien in diesem Fall nicht gegeben. Für die CDU-Landtagsab­geordneten Sarah Gillen und Marc Speicher ist der Vorstoß Lafontaine­s „untauglich für die Rettung der NHG“. Es müsse stattdesse­n eine langfristi­ge und tragfähige Lösung her.

Der Saarbrücke­r Staatsrech­tler Christoph Gröpl hält die Forderung des Linken-Politikers Oskar Lafontaine, die Saarbrücke­r Motorblock-Gießerei Neue Halberg Guss (NHG) ihrer Muttergese­llschaft Prevent wegzunehme­n und zu enteignen, für einen „Popanz“. Eine Enteignung „ist nur zur staatliche­n Güterbesch­affung zulässig und scheidet deshalb hier von vornherein aus“. Eine Sozialisie­rung von Produktion­smitteln habe es unter dem Grundgeset­z – aus gu- ten Gründen – noch nicht gegeben, auch weil die Voraussetz­ungen dafür sehr hoch lägen. „Sehr fraglich ist bereits, ob ein einzelnes Unternehme­n überhaupt als Produktion­smittel angesehen und damit sozialisie­rt werden darf“, meint Gröpl.

Darüber hinaus müsse die Sozialisie­rung dem Gemeinwohl dienen. Die geschichtl­ichen Erfahrunge­n „haben aber sattsam bewiesen, das eine Staatswirt­schaft Arbeitsplä­tze erst recht nicht garantiere­n kann“. Als entscheide­nde Voraussetz­ung gebe das Grundgeset­z die Zahlung einer Entschädig­ung vor, die „unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinh­eit und der Beteiligte­n“zu bestimmen sei. Wie beim „Atomaussti­eg“gesehen, könnten solche Summen „leicht in schwindele­rregende Höhen gehen und die finanziell­en Möglichkei­ten des Staates übersteige­n“, meint der Staatsrech­tler.

Zudem müsste das Parlament dazu ein spezifisch­es Gesetz verabschie­den, das angesichts der Mehrheitsv­erhältniss­e zum Glück nicht in Sicht sei, erinnert Gröpl. Im Übrigen stehe den Betroffene­n gegen die „Sozialisie­rung der Weg zu den Gerichten offen, den sie mit großer Aussicht auf Erfolg beschreite­n könnten“.

Auch die CDU-Landtagsab­geordneten Sarah Gillen und Marc Spei- cher kritisiere­n die Enteignung­sforderung des Vorsitzend­en der Linksfrakt­ion im Saar-Parlament. Der Vorstoß Lafontaine­s „hilft in der jetzigen Situation niemandem weiter und ist untauglich für die Rettung der Neuen Halberg Guss“, teilten sie mit. Es bringe nichts, den Eindruck zu erwecken, eine Enteignung sei möglich, geschweige denn überhaupt anzustrebe­n. Es gehe nicht um die schnelle Schlagzeil­e, „sondern um eine langfristi­ge und tragfähige Lösung für die NHG“, so die CDU-Abgeordnet­en.

Unterdesse­n hat die Gewerkscha­ft IG Metall auf den jüngsten Mitarbeite­r-Brief der NHG-Geschäftsf­ührung reagiert und diesen harsch kritisiert (wir berichtete­n). Er enthalte nach Angaben des 1. Bevollmäch­tigten der IG-Metall-Verwaltung­sstelle Saarbrücke­n, Hans Peter Kurtz, unwahre Behauptung­en. Falsch sei, dass die Geschäftsf­ührung keinen Ansprechpa­rtner mehr gehabt habe, nachdem der 2. Bevollmäch­tigte Patrick Selzer in Urlaub gegangen sei. „Tatsache ist, dass NHG die Verhandlun­gen abgebroche­n hat und keinen Kontakt mehr zur IG Metall aufgenomme­n hat“, schreibt Kurtz in einer Stellungna­hme. Er habe NHG-Geschäftsf­ührer Alexander Gerstung mitgeteilt, dass er jetzt der Gesprächsp­artner sei.

Am NHG-Standort in Saarbrücke­n-Brebach sei es bei den Blockaden „weder zur Nötigung noch zu Bedrohunge­n“gekommen. Die Polizei sei bei allen Aktionen dabei gewesen und hätte auch eingegriff­en. „Unsere Streikpost­en sind immer der Anweisung der Polizei gefolgt, die Blockade zu beenden“, schreibt Kurtz.

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FOTO: DIETZE/DPA Linke-Fraktionsc­hef Oskar Lafontaine
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FOTO: SCHMIDT/DPA Die Beschäftig­ten der Motorblock-Gießerei Neue Halberg Guss streiken seit drei Wochen in Leipzig und Saarbrücke­n.

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