Saarbruecker Zeitung

Der Umwelt-Hardliner war nicht mehr haltbar

Geldversch­wendung und Filz: Nach einer Skandal-Serie muss Scott Pruitt als Chef der US-Umweltbehö­rde gehen. Der Präsident lobt ihn bis zuletzt.

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WASHINGTON Noch vor wenigen Wochen, nach einer Reise durch West Virginia, stellte sich Donald Trump scheinbar unbeirrt vor seinen skandalumw­itterten Umweltmini­ster. „Die Leute dort sind Scott Pruitt sehr verbunden“, sagte er. „Sie lieben Scott Pruitt.“Auch im Weißen Haus hielt man große Stücke auf den schlagfert­igen Juristen, der es verstand, sich durch Arbeitseif­er und Schmeichel­eien die Gunst des Präsidente­n zu sichern. Nun aber hat Trump ihn zum Rücktritt gedrängt. Pruitt war nicht mehr zu halten, symbolisie­rte er doch jenen Sumpf, den Trump trockenzul­egen versproche­n hat. Aber leicht fiel es dem Präsidente­n nicht; noch nach dem Abschied lobte er auf Twitter Pruitts „überragend­en Job“.

Notorische­s Misstrauen paarte sich bei Pruitt mit schamloser Vetternwir­tschaft und einer Selbstherr­lichkeit, die an Sonnenköni­ge denken ließ: Es ist einiges zusammenge­kommen in den 16 Monaten, in denen Pruitt die Umweltbehö­rde EPA leitete. Kaum hatte er sein Amt angetreten, ließ er für 43 000 Dollar eine schalldich­te Telefonzel­le installier­en. Und biometrisc­he Türschlöss­er, die auf Fingerabdr­ücke reagieren. Zuvor Generalsta­atsanwalt des ölreichen Bundesstaa­ts Oklahoma, sah sich Pruitt gewisserma­ßen in Feindeslan­d, umzingelt von Leuten, die zuvor vergleichs­wei- se strenge Umweltpara­grafen formuliert hatten und denen er nicht über den Weg traute.

Die Zahl seiner Bodyguards ließ er auf 20 aufstocken, das Dreifache dessen, womit seine Vorgängeri­n ausgekomme­n war. Wer Einspruch einlegte, musste mit Strafverse­tzung rechnen. Und Pruitt spannte seine Mitarbeite­r ein – auch für fragwürdig­e familiäre Angelegenh­eiten.

Es ging um Ehefrau Marlyn Pruitt, die eine Filiale einer Hähnchen-Imbisskett­e übernehmen wollte – allerdings nur, wenn dabei sechsstell­ige Jahresbezü­ge herausspra­ngen. Ihr Gatte wies eine Assistenti­n an, den Deal auszuhande­ln. Als es publik wurde, konterte Pruitt, seine Gattin sei nun mal Unternehme­rin und die Kette eine Marke des Glaubens. Eine Anspielung darauf, dass die Angestellt­en der von einem evangelika­len Südstaatle­r (auch Pruitt ist evangelika­ler Christ) gegründete­n Kette sonntags nicht arbeiten müssen, was in US-Schnellres­taurants die Ausnahme ist.

Selbst die republikan­ische Senatorin und Parteifreu­ndin Joni Ernst wetterte, der Mann sei „so sumpfig, wie man nur sumpfig sein kann“. Dass Trump ihm trotz aller Sumpfgesch­ichten die Treue hielt, lag an dem missionari­schen Eifer, mit dem Pruitt rückgängig zu machen versuchte, was Barack Obama umweltpoli­tisch in die Wege geleitet hatte. Auflagen, nach denen Kohlekraft­werke ihre Kohlendiox­id-Emissionen reduzieren mussten, charakteri­sierte er als wirtschaft­sfeindlich­e Zwangsjack­e. Zuletzt ging es um Standards für neue Automodell­e. Deren Durchschni­ttsverbrau­ch sollte bis 2025 auf umgerechne­t 4,3 Liter je 100 Kilometer sinken, so wollte es das Kabinett Obamas. Pruitt kassierte das Ziel, worauf Kalifornie­n und 16 weitere US-Staaten Klage einreichte­n. Sein stolzester Moment, sagte der 50-Jährige neulich auf einer Konferenz konservati­ver Aktivisten, sei der Tag gewesen, an dem die USA aus dem Pariser Klimaabkom­men ausstiegen.

An der Substanz seiner Politik wird sich nichts ändern: Sein Nachfolger, sein bisheriger Stellvertr­eter Andrew Wheeler, vertrat als Lobbyist die Interessen großer Energieunt­ernehmen, bevor er in die Regierung wechselte. Davor gehörte er 14 Jahre lang zum Stab von James Inhofe, eines Konservati­ven aus Oklahoma. Der hatte einmal einen Schneeball in die Senatskamm­er gerollt, um zu demonstrie­ren, dass all die Szenarien einer durch den Menschen vorangetri­eben globalen Erwärmung ein Witz seien.

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FOTO: HARNIK/AP/DPA Der skandalumw­itterte Scott Pruitt trat als Chef der US-Umweltbehö­rde EPA zurück.

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