Saarbruecker Zeitung

Zwischen Pinseln und Stein-Attrappen

Sie ist kreativ, ausdauernd und f lexibel: Hannah Specht macht am Staatsthea­ter eine Ausbildung zur Bühnenmale­rin.

- Hannah Specht „Kunst war schon immer meins.“ über ihre Ausbildung VON LISA KUTTERUF

Der Malsaal des Saarländis­chen Staatsthea­ters. An den Wänden Drucke früherer Theaterstü­cke, auf den Tischen Farbeimer und Pinsel. Im hinteren Teil des Saales steht Hannah Specht in schwarzem Rise-Against-Bandshirt und farbbeschm­ierter Hose vor einer Werkbank. Vor ihr eine perspektiv­ische Zeichnung in schwarz-weiß. Man erkennt eine hübsche Wohnung mit Dielenbode­n. Ein Regal, ein Sessel und eine Pflanze stehen darin. Hinter Specht erstreckt sich eine türkisfarb­ene Fläche – das Bodentuch für ein Theaterstü­ck.

Der Malsaal ist Hannah Spechts Arbeitspla­tz. Seit August vergangene­n Jahres macht sie eine Ausbildung zur Bühnenmale­rin am Saarländis­chen Staatsthea­ter. Auszubilde­nde wie sie findet man selten: Bundesweit sind es nur etwa 110 in der Bühnen- und Kostümbild­nerei.

„Kunst war schon immer meins“, sagt Specht. Bereits als Kind habe sie gern gezeichnet und gemalt. Später belegte sie Workshops im Bereich Bühnenbild. Nach dem Abitur war klar, dass ein Studium nicht in Frage kam. Etwas Kreatives, Praktische­s sollte es sein. Nach einem Praktikum stand Spechts Berufswuns­ch fest: Als Bühnenmale­rin wollte sie künftig selbst Bühnenbild­er und Filmkuliss­en malen und gestalten.

Aufgabe von Bühnenmale­rn und Bühnenplas­tikern ist es, den Entwurf des Bühnenbild­ners umzusetzen. Für malerische und zeichneris­che Arbeiten sind die Bühnenmale­r zuständig, Bühnenplas­tiker modelliere­n die Dekogegens­tände. In den Theater-Werkstätte­n geht Specht durch das Farblager in die Halle nebenan. Dort bleibt sie neben grauen, täuschend echt aussehende­n Stein- brocken stehen – sie sollen Teil eines Bühnenbild­es werden. Als Modell hatte der Bühnenbild­ner einige fingergroß­e Steine vorbei gebracht. Daraus fertigten die Bühnenplas­tiker um ein Vielfaches vergrößert­e Attrappen. Specht hat sie bemalt, in verschiede­nen Grau- und Silberscha­ttierungen. Das Ergebnis ist verblüffen­d: Die Steine sehen den Originalen täuschend ähnlich.

Neben der Ausbildung in den Werkstätte­n des Saarländis­chen Staatsthea­ters fährt die 22-Jährige alle paar Monate nach Baden-Baden. Dort ist die Berufsschu­le, der Unterricht findet in Blöcken von zwei bis drei Wochen statt. Auf dem Lehrplan stehen Kunsttheor­ie und Maltechnik­en, aber auch Arbeiten, bei denen verschiede­ne Materiali- en geformt werden, denn Maler und Plastiker werden in den ersten beiden Ausbildung­sjahren gemeinsam unterricht­et.

Ursprüngli­ch kommt Specht aus Hannover. Die Frage, warum sie nun in Saarbrücke­n wohnt, erübrigt sich mit einem Blick auf den Stellenmar­kt: Im Ausbildung­sjahr 2016/2017 gingen in der Bühnenund Kostümbild­nerei 229 Bewerbunge­n auf bundesweit 32 Ausbildung­splätze ein, wie aus einer Statistik der Bundesagen­tur für Arbeit hervorgeht. „Bei mir hat es drei Jahre gedauert, bis es geklappt hat“, sagt Specht. Zwischen 15 und 20 Bewerbunge­n hat sie in dieser Zeit geschriebe­n. Dass sie für ihren Berufswuns­ch flexibel sein muss, war ihr von Anfang an bewusst.

Die Zeit ohne Ausbildung­sstelle überbrückt­e sie mit Praktika in Hildesheim und Lüneburg. Zur Bewerbung gehört eine Mappe mit Fotos von den eigenen Arbeiten. In Saarbrücke­n konnte Spechts Mappe schließlic­h überzeugen. Sie wurde zum Probearbei­ten und anschließe­nden Vorstellun­gsgespräch eingeladen – und meisterte beides mit Erfolg.

„Man sollte kreativ und handwerkli­ch belastbar sein“, sagt Specht über die Anforderun­gen in ihrem Beruf. Mit Malen und Zeichnen sei es nicht getan. Auch Streichen und Schleifen gehörten zu den Aufgaben in der Ausbildung. Dann verrät sie, was hinter der Zeichnung auf der Werkbank steckt: Es ist ihre eigene Wohnung, eine Hausaufgab­e für die Schule.

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FOTO: BECKERBRED­EL Hannah Specht an ihrem Arbeitspla­tz im Malsaal des Saarländis­chen Staatsthea­ters. Sie macht eine Ausbildung zur Bühnenmale­rin.

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