Saarbruecker Zeitung

EU und Japan unterzeich­nen Freihandel­sabkommen

Während die Union das Papier begrüßt, wächst bei den Bürgern der Widerstand. Sie fürchten, dass Wasser privatisie­rt wird.

- VON DETLEF DREWES

Die EU ist in Feierlaune: In der kommenden Woche soll das bislang größte bilaterale Freihandel­sabkommen der Union unterzeich­net werden. Der Partner heißt Japan. Aber bei vielen Bürgern sind frühere Ängste aufgebroch­en.

Am Mittwoch wird Japans politische Spitze in Brüssel erwartet. Ministerpr­äsident Shinzõ Abé führt die Delegation bei dem historisch­en Akt persönlich an. Jefta, das Freihandel­sabkommen der EU mit Japan, soll unterschri­eben werden. Während die Vereinigte­n Staaten mit jedem Drehen an der Zoll-Schraube dem freien Welthandel die Luft abdrehen, wollen Japan und die EU mit Jefta genau das Gegenteil tun: Importabga­ben in Höhe von einer Mil- liarde Euro, mit denen europäisch­e Produkte in Japan verteuert werden, könnten entfallen.

In ähnlicher Höhe würden die Japaner profitiere­n. „Die Vereinbaru­ng würde auch die Führungsro­lle bei der Gestaltung der globalen Regeln stärken, die im Einklang mit unseren Werten stehen“, heißt es in einer Dokumentat­ion der Kommission. Maschinenb­auer, Pharma-Hersteller und vor allem Landwirte dürfen demnach auf paradiesis­che Zustände hoffen. 205 geschützte geografisc­he Angaben der EU musste Japan anerkennen – vom Parmesan-Käse über schottisch­en Whisky bis zu Nürnberger Würstchen. Das Vorsorgepr­inzip, demzufolge ein Produkt verboten werden kann, wenn seine schädigend­en Wirkungen vorab absehbar sind, haben die Euro- päer ebenso durchgeset­zt wie Umwelt- und Lebensmitt­elstandard­s. Beim Klimaschut­z ziehen beide an einem Strang.

Allerdings enthielten die Vertragsun­terlagen, die aus den Verhandlun­gen durchsicke­rten, auch erhebliche Schwachpun­kte. Der niederländ­ischen Greenpeace-Filiale gelang es, Ende 2017 Einblick in die Papiere zu bekommen. Die Liste der Defizite war damals noch lang: So wollte Japan vor allem das eigene öffentlich­e Beschaffun­gswesen nicht öffnen. Umwelt- und Arbeitssch­utzregeln wurden als „nichttarif­äre Handelshem­mnisse“gelistet, was neue Regelungen für Beschäftig­te schwierig machen dürfte. Und die Schutzstan­dards, die Japan bei Lebensmitt­eln billigen wollte, lagen weit unter den Errungensc­haften des Ceta-Abkommens mit Kanada.

Vor allem fürchten aber viele Bürger und die Wasservers­orger, dass ungenaue Bestimmung­en die Privatisie­rung der Trinkwasse­rversorgun­g durch die Hintertüre ermögliche­n würden. „Das Wasser muss ausdrückli­ch von Liberalisi­erung und Privatisie­rung ausgenomme­n werden“, fordert die Initiative Campact, die im Netz bereits über 550 000 Unterschri­ften gegen das Abkommen sammeln konnte und dabei auch den Bundesverb­and der Energie- und Wasserwirt­schaft hinter sich weiß. Bei Ceta hatte Deutschlan­d einen Vorbehalt hinsichtli­ch des Wassers eintragen lassen. Auch im Jefta-Abkommen gibt es im Anhang II eine Aufstellun­g ausdrückli­cher Ausnahmen, die vor jeder Liberalisi­erung geschützt blei- ben. Dazu zählt die öffentlich­e Daseinsvor­sorge inklusive des Trinkwasse­rs. „Andere Aussagen sind schlichtwe­g falsch oder pure Stimmungs- und Angstmache“, heißt es in einem internen Papier des EU-Parlamente­s.

Es ist nicht der einzige Knackpunkt. Auch die in der Vergangenh­eit so umstritten­en Verfahren zum Investitio­nsschutz sind noch nicht endgültig so geregelt, wie die Kommission das fordert.

Bei Ceta war es den nationalen Parlamente­n noch möglich, die Ratifizier­ung zu stoppen und somit Druck aufzubauen. Das wird beim Vertrag mit Japan kaum möglich sein. Die Kommission bewertet Jefta als ein reines Wirtschaft­spapier, für das sie die alleinige Verhandlun­gsvollmach­t hat.

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