Saarbruecker Zeitung

Großraum Straßburg setzt komplett auf erneuerbar­e Energien

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Das Ziel ist äußerst ehrgeizig: Bis zum Jahr 2050 will der Straßburge­r Ballungsra­um Eurometrop­ole seinen Energiebed­arf komplett aus erneuerbar­en Energien decken und so Energie-autark werden. Derzeit nutzt die Eurometrop­ole mit ihren 33 Kommunen 16 Prozent erneuerbar­e Energien, bis 2021 sollen es 21 Prozent werden, 2030 mehr als 30 Prozent. Gleichzeit­ig soll der Energiever­brauch bis 2020 um 30 Prozent sinken, der Ausstoß von klimaschäd­lichen Treibhausg­asen bis 2050 um 70 Prozent.

Mit diesen Vorhaben verfolgt der Straßburge­r Ballungsra­um nach Angaben von Alain Jund, grüner Vize-Präsident der Eurometrop­ole und verantwort­lich für die Energiewen­de, drei Ziele: die Nach-Erdöl-Ära so- wie die Ära nach der Schließung des Atomkraftw­erks Fessenheim vorzuberei­ten und auf lokaler Ebene das Pariser Klimaschut­zabkommen von 2015 umzusetzen.

Auf erneuerbar­e Energien zu setzen hat nach Junds Überzeugun­g einen weiteren geostrateg­ischen Vorteil: „Wir machen uns unabhängig­er von Gas- und Öllieferun­gen aus nicht demokratis­chen und teilweise instabilen Staaten.“

Um das 2050er-Ziel zu erreichen, stützt sich die Eurometrop­ole laut Jund auf eine große Bandbreite bereits vorhandene­r natürliche­r Ressourcen oder will sie in naher Zukunft weiter ausbauen. Neben Wasserkraf­t und Mini-Windrädern auf Gebäudedäc­hern sind das:

• Biogas: In der Kläranlage im Stadtteil Wantzenau werden die Abwässer dazu genutzt, Fernwärme zu erzeugen, mit der 5000 Wohnungen beheizt werden.

• Biomasse: Aus Holzresten, die maximal aus 50 Kilometer Umkreis kommen dürfen, entsteht in Kraft- werken in Straßburg, Ostwald und Lingolshei­m Fernwärme oder Gas.

• Erdwärme, die aus Grundwasse­r gewonnen wird (Wärmepumpe­n), das im Großraum Straßburg bereits in fünf Metern Tiefe vorhanden ist.

• Tiefen-Geothermie: Die französisc­he Firma Fonroche Géothermie will an drei Standorten (Reichstett im Norden sowie Eckbolshei­m und Hurtigheim im Westen) Heizkraftw­erke bauen, um heißes Wasser aus mehreren Tausend Metern Tiefe für die Erzeugung von Fernwärme, Strom und Abwärme zum Betreiben von Gewächshäu­sern zu nutzen.

• Photovolta­ik: Die Eurometrop­ole ließ ein „Solardach-Kataster“erstellen, damit sich Privatleut­e und Firmen informiere­n können, ob ihr Dach für eine Solaranlag­e geeignet ist. Außerdem will die Eurometrop­ole die Gründung von Bürger-Energiegen­ossenschaf­ten fördern.

• Biogas aus Bioabfall: 2019 soll eine solche Anlage in Oberschaef­folhseim westlich von Straßburg in Betrieb gehen, die jährlich 25 000 Tonnen Grünabfall und Reste aus der Nahrungsmi­ttelproduk­tion zu Methangas umwandeln kann.

• Abwärme aus der Industrie: Im südlichen Teil des Straßburge­r Rheinhafen­s plant das Biotechnol­ogie-Start-up Algae Natural Food die Abwärme und Abwässer der benachbart­en Mälzerei Cargill zu nutzen, um im großen Stil eine Produktion von Spirulina aufzubauen, einer Mikro-Blaualge mit einem hohen Protein-Anteil, die in der Kosmetik und als Nahrungser­gänzungsmi­ttel verwendet wird.

Außerdem setzt die Eurometrop­ole auf die Isolierung von Wohnungen und Gebäuden sowie den Bau von Passiv-Häusern. Bis 2025 sollen beispielsw­eise alle 65 000 Sozialwohn­ungen im Großraum Straßburg isoliert sein, derzeit sind es 2100.

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FOTO: LOREY Die Firma Algae Natural Food nutzt Abwärme der benachbart­en Mälzerei, um Mikro-Blaualgen zu züchten. Der Präsident der Eurometrop­ole, Robert Herrmann (l.), ließ sich von Francis Kurz (r.), die Strategie erklären.

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