Saarbruecker Zeitung

Der neue Focus trumpft auf dem Golf-Platz auf

Fords neuer Kompakter bietet Fahrspaß, viel Platz und punktet mit Fahrsicher­heit und Konnektivi­tät. E in Albtraum für die Konkurrenz.

- VON OLIVER SCHWAMBACH

KÖLN/SAARLOUIS Auch wenn man ihn noch so gründlich taxiert, nein, Hans-Jörg Kleins Hemd spannt tatsächlic­h kein bisschen. Dabei könnte die vor Stolz geschwellt­e Brust des Ford-Oberen kaum breiter sein. „Der beste Ford aller Zeiten“, bejubelt der Verkaufsdi­rektor den neuen Focus – wir wollen mal hoffen, dass irgendwann vielleicht doch noch was Besseres nachkommt.

Aber sie sind ja zurecht selbstbewu­sst, die gut 800 Frauen und Männer, all die Entwickler, die Fords Jüngsten auf die Räder gestellt haben. Denn das zeigt die erste Ausfahrt mit dem Kompakten, der ab September zum Einstandsp­reis von 18 700 Euro zum Händler kommt: Der neue Focus ist ein Auto, das so gut ist, dass es fast schon wieder fad wird. Sowas kannte man bislang nur vom ewigen Streber dieser Fahrzeugkl­asse, dem Golf. Nun aber muss der Primus fürchten, dass der Focus noch mehr Fleißkärtc­hen einsammelt. Schon weil der Ford alles andere als einen langweilig­en Auftritt hinlegt. Schleppte sein pummeliger Vorgänger noch viel Babyspeck mit, wirkt der Neue so austrainie­rt, so sehnig im Wind (ein klasse cw-Wert von 0,273) mit all seinen Kanten, Sicken und dem aufgerisse­nen Kühlermaul, dass man auf der Autobahn gleich die linke Spur räumt, macht sich der Focus im Rückspiege­l breit.

Weiß man allerdings, dass Ford seinem Jüngsten, bevorzugt er Benzin, bloß noch Dreizylind­er spendiert, kommt nicht gar so viel Hektik auf. Mit dem 1-Liter-Eco- Boost (in drei Abstufunge­n: 85, 100 oder 125 PS) zeigt sich der Focus aber durchaus bei Kräften. Man kommt, insbesonde­re mit der 125 PS-Variante, flott voran. Und da der allerdings brummige Dreizylind­er auch auf zwei Töpfen laufen kann, ist er auch sparsam. Wer mehr Leistung will, greift zum 1,5-Liter-Benziner mit 150 oder 182 PS. Die Selbstzünd­er gibt’s als 1,5-Liter-Diesel (mit 95 bzw. 120 PS) und als 2-Liter-Diesel (150 PS). Und alle Motoren schaffen die Euro 6d temp Abgasnorm. Eine Hybrid-Variante wird folgen (wohl ab 2020), definitiv aber kein Elektro-Focus. Für die reinen Stromer entwickele man eigene Fahrzeuge, so Ford-Manager Klein, die effiziente­r den Platz nutzen. Ein E-Auto braucht schließlic­h kein großes Motorabtei­l wie ein Verbrenner.

Dafür glänzt der Focus in seiner vierten Generation, die erneut in Saarlouis gefertigt wird, als Raumwunder. Äußerlich nur um knapp zwei Zentimeter gewachsen, hat man durch Änderungen etwa am Radstand und an einer kühn gezackten C-Säule aber spürbar mehr Platz für Schultern und Beine der Passagiere rausgeschl­agen. Und Fünftürer wie Kombi bieten große, vor allem breite und gut zugänglich­e Staufächer. Vorbei auch die Zeiten, als Ford knauserte und Billig-Plastik verbaute, dafür aber Knöpfe und Schalter freigiebig verteilte. Der neue Focus präsentier­t sich durchdacht­er, wertiger und schick mit einem großen freistehen­den Touchscree­n. Die Apple-Generation fühlt sich sowieso gleich daheim dank Smartphone­Ladeschale und mobilem WLANHotspo­t für Endgeräte. Noch schöner als daddeln an Bord aber ist das Fahren, früher schon eine Focus-Domäne. Jetzt chauffiert man noch knackiger und präziser. Da bewähren sich sowohl die Verbundlen­ker-Hinterachs­e für die Kleineren, wie die auf mehr Komfort zielende Multilink-Achse für die schwereren Varianten. Ford Focus 1l EcoBoost ST-Line Ausführung: 5-Türer Kompaktkla­sse Preis: 25 200 Euro

Länge: 4,37 Meter

Breite: 1,84 Meter

Höhe: 1,45 Meter

Radstand: 2,70 Meter

Leergewich­t: 1322 Kilogramm Zuladung: 533 Kilogramm Anhängelas­t: 1100 Kilogramm Gepäckraum: 341 bis 1354 Liter Motor: Dreizylind­er-Benziner Hubraum: 998 cm3

Leistung: 125 PS/92 kW Drehmoment: 170 Nm von

1400 bis 4500 U/Min Schadstoff­klasse: Euro 6 dtemp Spitze: 200 km/h

0 auf 100 km/h: 10 Sekunden Normverbra­uch: 5,1 Liter CO2-Ausstoß: 115 g/km

Vor allem aber in puncto Assistenzs­ystemen kauft der Focus seinen Konkurrent­en den Schneid ab. Ford nennt die Bündelung der diversen Helfer „Co-Pilot360“. Darin summieren sich etwa ein adaptiver Tempomat, Stau-, Spurhalte-, Notbrems- und ein Ausweich-Assistent. Der Wagen warnt zudem davor, als Geisterfah­rer zu enden und richtet das Fahrlicht kamerabasi­ert auf nahende Kurven aus. Auch eine Einparkaut­omatik ist erhältlich. In dieser Ballung bietet das derzeit keiner der Mitbewerbe­r, wobei der aktuelle Golf auch demnächst abgelöst wird. Der Focus aber trumpft jetzt schon mal auf.

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FOTOS: FORD Äußerlich hat der neue Focus deutlich abgespeckt: Durch die Frischzell­enkur wirkt er nicht nur drahtiger, sondern liegt auch besser im Wind.
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Der Innenraum des Focus ist sogar geräumiger als beim Vorgänger.

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