Der neue Focus trumpft auf dem Golf-Platz auf
Fords neuer Kompakter bietet Fahrspaß, viel Platz und punktet mit Fahrsicherheit und Konnektivität. E in Albtraum für die Konkurrenz.
KÖLN/SAARLOUIS Auch wenn man ihn noch so gründlich taxiert, nein, Hans-Jörg Kleins Hemd spannt tatsächlich kein bisschen. Dabei könnte die vor Stolz geschwellte Brust des Ford-Oberen kaum breiter sein. „Der beste Ford aller Zeiten“, bejubelt der Verkaufsdirektor den neuen Focus – wir wollen mal hoffen, dass irgendwann vielleicht doch noch was Besseres nachkommt.
Aber sie sind ja zurecht selbstbewusst, die gut 800 Frauen und Männer, all die Entwickler, die Fords Jüngsten auf die Räder gestellt haben. Denn das zeigt die erste Ausfahrt mit dem Kompakten, der ab September zum Einstandspreis von 18 700 Euro zum Händler kommt: Der neue Focus ist ein Auto, das so gut ist, dass es fast schon wieder fad wird. Sowas kannte man bislang nur vom ewigen Streber dieser Fahrzeugklasse, dem Golf. Nun aber muss der Primus fürchten, dass der Focus noch mehr Fleißkärtchen einsammelt. Schon weil der Ford alles andere als einen langweiligen Auftritt hinlegt. Schleppte sein pummeliger Vorgänger noch viel Babyspeck mit, wirkt der Neue so austrainiert, so sehnig im Wind (ein klasse cw-Wert von 0,273) mit all seinen Kanten, Sicken und dem aufgerissenen Kühlermaul, dass man auf der Autobahn gleich die linke Spur räumt, macht sich der Focus im Rückspiegel breit.
Weiß man allerdings, dass Ford seinem Jüngsten, bevorzugt er Benzin, bloß noch Dreizylinder spendiert, kommt nicht gar so viel Hektik auf. Mit dem 1-Liter-Eco- Boost (in drei Abstufungen: 85, 100 oder 125 PS) zeigt sich der Focus aber durchaus bei Kräften. Man kommt, insbesondere mit der 125 PS-Variante, flott voran. Und da der allerdings brummige Dreizylinder auch auf zwei Töpfen laufen kann, ist er auch sparsam. Wer mehr Leistung will, greift zum 1,5-Liter-Benziner mit 150 oder 182 PS. Die Selbstzünder gibt’s als 1,5-Liter-Diesel (mit 95 bzw. 120 PS) und als 2-Liter-Diesel (150 PS). Und alle Motoren schaffen die Euro 6d temp Abgasnorm. Eine Hybrid-Variante wird folgen (wohl ab 2020), definitiv aber kein Elektro-Focus. Für die reinen Stromer entwickele man eigene Fahrzeuge, so Ford-Manager Klein, die effizienter den Platz nutzen. Ein E-Auto braucht schließlich kein großes Motorabteil wie ein Verbrenner.
Dafür glänzt der Focus in seiner vierten Generation, die erneut in Saarlouis gefertigt wird, als Raumwunder. Äußerlich nur um knapp zwei Zentimeter gewachsen, hat man durch Änderungen etwa am Radstand und an einer kühn gezackten C-Säule aber spürbar mehr Platz für Schultern und Beine der Passagiere rausgeschlagen. Und Fünftürer wie Kombi bieten große, vor allem breite und gut zugängliche Staufächer. Vorbei auch die Zeiten, als Ford knauserte und Billig-Plastik verbaute, dafür aber Knöpfe und Schalter freigiebig verteilte. Der neue Focus präsentiert sich durchdachter, wertiger und schick mit einem großen freistehenden Touchscreen. Die Apple-Generation fühlt sich sowieso gleich daheim dank SmartphoneLadeschale und mobilem WLANHotspot für Endgeräte. Noch schöner als daddeln an Bord aber ist das Fahren, früher schon eine Focus-Domäne. Jetzt chauffiert man noch knackiger und präziser. Da bewähren sich sowohl die Verbundlenker-Hinterachse für die Kleineren, wie die auf mehr Komfort zielende Multilink-Achse für die schwereren Varianten. Ford Focus 1l EcoBoost ST-Line Ausführung: 5-Türer Kompaktklasse Preis: 25 200 Euro
Länge: 4,37 Meter
Breite: 1,84 Meter
Höhe: 1,45 Meter
Radstand: 2,70 Meter
Leergewicht: 1322 Kilogramm Zuladung: 533 Kilogramm Anhängelast: 1100 Kilogramm Gepäckraum: 341 bis 1354 Liter Motor: Dreizylinder-Benziner Hubraum: 998 cm3
Leistung: 125 PS/92 kW Drehmoment: 170 Nm von
1400 bis 4500 U/Min Schadstoffklasse: Euro 6 dtemp Spitze: 200 km/h
0 auf 100 km/h: 10 Sekunden Normverbrauch: 5,1 Liter CO2-Ausstoß: 115 g/km
Vor allem aber in puncto Assistenzsystemen kauft der Focus seinen Konkurrenten den Schneid ab. Ford nennt die Bündelung der diversen Helfer „Co-Pilot360“. Darin summieren sich etwa ein adaptiver Tempomat, Stau-, Spurhalte-, Notbrems- und ein Ausweich-Assistent. Der Wagen warnt zudem davor, als Geisterfahrer zu enden und richtet das Fahrlicht kamerabasiert auf nahende Kurven aus. Auch eine Einparkautomatik ist erhältlich. In dieser Ballung bietet das derzeit keiner der Mitbewerber, wobei der aktuelle Golf auch demnächst abgelöst wird. Der Focus aber trumpft jetzt schon mal auf.