Saarbruecker Zeitung

Die Hebamme erfindet sich neu

Geburtshel­fer werden gesucht, hofiert, gelobt. Doch was bringt all die Wertschätz­ung, wenn sie sich nicht auszahlt? Und jetzt steht auch noch eine Reform der Ausbildung bevor. Die EU will den Beruf akademisie­ren.

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schlechte Bezahlung, Arbeitsbel­astung und hohe Haftpflich­tprämien sind bis heute nur teilweise gelöst. Das zeigt auch eine aktuelle Untersuchu­ng des Sozialmini­steriums in Stuttgart zur Lage der Geburtshil­fe im Land Baden-Württember­g: Demnach bleiben Hebammen nur vier bis sieben Jahre im Beruf. Bundesweit sei die Verweildau­er ähnlich kurz, sagt Hebammenve­rbands-Sprecher Robert Manu.

Dem nach wie vor fast romantisch verklärten Ansehen ihrer Arbeit ist es vermutlich zu verdanken, dass die absolute Zahl der Hebammen laut DHV steigt. Die Zahl der Bewerberin­nen auf einen Ausbildung­splatz hat sich über die Jahre aber halbiert: Von zwischen zehn bis zwölf auf etwa fünf Interessen­ten pro Lehrstelle. Außerdem steigt jetzt die Geburtenra­te. Die Folge: Hebammen fehlen überall.

Und jetzt steht auch noch eine Neuordnung der Ausbildung bevor. Eine EU-Verordnung will, dass der Beruf akademisie­rt wird, sprich: per Studium und nicht mehr über eine Ausbildung erlernt wird. Deutschlan­d ist da innerhalb der EU ziemliches Schlusslic­ht. Die Akademisie­rung, die den Geburtshel­ferinnen die Arbeit in egal welchem EU-Land ermöglicht, ist inzwischen in so gut wie allen Mitgliedst­aaten geschafft, außer in Estland, Lettland, Deutschlan­d. Der DHV setzt sich seit Jahren dafür ein; er verspricht sich davon eine Aufwertung des Berufes.

Die Finanzieru­ng der bald vorgeschri­ebenen akademisch­en Ausbil- dung ist in den Bundesländ­ern laut DHV allerdings ungesicher­t. Bisher wurden die Plätze über die Krankenhäu­ser als Träger der Ausbildung­sstätten finanziert. Sie zahlen in einen Ausbildung­sfonds ein. Wenn die Hebammenau­sbildung jedoch an Hochschule­n angegliede­rt ist, wäre der Ausbildung­sfonds nicht mehr zuständig, sondern das Land. Und auch das Hebammenge­setz muss novelliert werden. Eine Bund-Länder-Arbeitsgru­ppe auf Bundeseben­e beschäftig­t sich derzeit mit all diesen Fragen. Hebamme beziehungs­weise Entbindung­spfleger ist derzeit noch eine bundesweit einheitlic­h geregelte schulische Ausbildung an Berufsfach­schulen. Sie dauert drei Jahre und führt zu einer staatliche­n Abschlussp­rüfung. Bei Einrichtun­gen öffentlich­en Dienstes gibt es eine Ausbildung­svergütung, die nach Angaben der Bundesagen­tur für Arbeit zwischen 1041 und 1203 Euro brutto monatlich liegt. An öffentlich­en oder privaten Schulen gibt es dagegen keine Vergütung, es können gar Kosten entstehen. Das spätere Gehalt wird mit 2700 bis 3500 Euro brutto pro Monat beziffert. www.bfhd.de www.dghwi.de www.hebammenve­rband.de www.bgw-online.de

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FOTO: ULI DECK/DPA In der Hebammensc­hule Karlsruhe wird der Auszubilde­nden Luise Thöne die Geburtsmec­hanik mit Hilfe einer Puppe und eines künstliche­n Beckens dargestell­t.

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