Der Taufstein stammt aus dem Mittelalter
Die Dörrenbacher Kirche diente in früheren Krisenzeiten wohl als Wehrturm: Eine Renovierung brachte einen Fluchttunnel zutage.
ST. WENDEL Im St. Wendeler Stadtteil Dörrenbach, ganz nahe der Grenze zu Rheinland-Pfalz, steht die evangelische Kirche als einziges Gotteshaus im Ort. Wie Pfarrer Marcus Bremges erzählt, kursiere im Internet zum Teil der Name „Kreuzkirche“– das sei aber nicht korrekt.
Für Hochzeiten und Taufgottesdienste wird die Kirche in dem kleinen Ort gerne genutzt, erzählt der Pfarrer, weil sie die schönste und älteste der drei Kirchen seines Bezirks sei. In der Tat stammt das Gotteshaus aus dem 13. Jahrhundert und verfügt über eine wechselhafte Geschichte. Mit der hat sich der Lehrer und angehende Kirchenhistoriker Heiko Fuhrmann aus Alzey eingehend beschäftigt. Seine Dissertation befasst sich mit den Veränderungen im evangelischen Kirchenbau nach den Vorgaben der Li- turgie am Beispiel der Grafschaft Nassau-Saarbrücken. Die Bauweise der Kirche, weiß Fuhrmann, sei typisch für damalige Dorfkirchen: „Es ist eine Chorturmkirche, das heißt, der Chor ist das Untergeschoss des rechteckigen Turmes.“
Im 15. Jahrhundert wurde die Kirche das erste Mal aufgestockt; nach der Einführung der Reformation 1575 wurde sie nach der evangelischen Lehre umgestaltet. Hauptkennzeichen dafür war die Einführung einer Kanzel. „Vorher hatte die Gottesdiensthandlung mit der Gemeinde wenig zu tun, es war eine reine Messe, bei der die Gemeinde einfach zugeschaut hat“, sagt Fuhrmann. Nach der Reformation wurde teilweise über eine Stunde lang von der Kanzel aus gepredigt, was dann auch eine Bestuhlung der Kirche für die Gottesdienstbesucher sinnvoll machte. Akustisch hatte die Kanzel in dem eher kleinen Raum keinen großen Sinn, sie war vielmehr ein Symbol der evangelischen Liturgie. Das Besondere an ihr ist, dass sie aus Sandstein gefertigt wurde – im Saarland gebe es sonst nur noch eine Sandsteinkanzel, nämlich in Kölln im Köllertal, sagt Fuhrmann.
1977 wurde das massive Stück mit dem damals typischen Fischblasenmuster im Zuge der damaligen Renovierung etwas tiefer gesetzt. Das war auch das Jahr, in dem der mittelalterliche Taufstein wieder Einzug in die Kirche hielt –nach der Reformation hatte man ihn vergraben, 1719 beim Bau des Pfarrhauses wiederentdeckt und dann lange als Blumenkübel vor der Kirche verwendet.
1977 wurde auch ein Steinrelief aus römischer Zeit in eine Innenwand integriert. Vermutlich war es einst Teil eines antiken Grabmals. Das Fenster mit dem gotischen Spitzbogen im Chorraum enthält eine Darstellung von Jesus, der am Brunnen ein Gespräch mit einer Samariterin führt. Gestiftet wurde es, wie die Inschrift verrät, von Familie Jakob Wagner aus dem nahen Lautenbach. Nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg musste das Fenster 1949 restauriert werden. Älter ist das kleine Rundbogenfenster in der rechten Seitenwand des Chorraumes. Es zeigt eine Weintraube sowie eine Lutherrose.
Eine große Umbaumaßnahme hat die Kirche 1718 erlebt. Unter anderem wurde damals die kleine Sakramentsnische zugemauert, die heute nur noch von außen als Okulusfenster erkennbar ist. Heiko Fuhrmann geht davon aus, dass damals auch der Dachstuhl abgetragen und dann höher gebaut wurde. Das ermöglichte die Konstruktion einer Empore, die in L-Form angelegt wurde. Das damalige Bevölkerungswachstum hatte den Ausbau des Gotteshauses erfordert. Allerdings fiel der Seitenarm der Renovierung 1977 wieder zum Opfer. Auf der Empore befindet sich die Mayer-Orgel von 1975. Sie war bereits die vierte Orgel, die im 20. Jahrhundert eingebaut werden musste. Ihre Vorgängerin steht im Dörrenbacher Heimatmuseum.
Die originale Glocke von 1440 ist leider nicht mehr vorhanden, sie musste während des nationalsozialistischen Regimes zu Kriegszwecken eingeschmolzen werden. Die Kirche hat in Krisenzeiten wohl auch als Wehrturm gedient. Dafür spricht ein Fluchttunnel, der 1930 bei einer Renovierung entdeckt wurde und der wohl zu den ältesten umliegenden Bauernhäusern führte. Diese besitzen noch Eingänge in vier Metern Tiefe. ............................................. Auf der Seite Momente stellt die Saarbrücker Zeitung im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorbener vor. Michaela Heinze Peter Seringhaus